Sehr nahe am Schurkenstaat
Was für eine Chance hat der Europäische Fußballverband UEFA diese Woche verpasst: Einmal ohne Rücksicht auf geopolitische oder wirtschaftliche Interessen handeln und sich Sympathiewerte holen – das wäre ein Zeichen gewesen. Mit der Aktion, die Münchner Arena nicht in Regenbogenfarben zu tauchen und Solidarität mit anders Denkenden und Handelnden zu zeigen, wurde erneut im Stile eines Schurkenstaats gehandelt: Die eigenen Regeln werden ohne Wenn und Aber und ohne Gnade verfolgt, fadenscheinige Ausreden werden verwendet – ohne Rücksicht auf andere Interessen.
Das verwundert nicht, denn die Geschäfte werden ohnehin am liebsten mit Schurkenstaaten abgeschlossen. Das beweisen die Werbebanden bei dieser EURO. Von elf Hauptsponsoren der EURO 2020 ist die Hälfte der Firmen mehr als zu hinterfragen: Chinesische Schriftzeichen allerorts von vier Großunterstützern, Fluglinie aus Katar – fällt Ihnen etwas auf? Warum sind Deals mit Ländern, die die Vorgaben der UEFA genauso kommentarlos erfüllen, so gefragt? Und es wird vonseiten der hohen Fußballfunktionäre nichts gegen Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern unternommen. Ganz im Gegenteil. Keine Proteste, sondern Bussi, Bussi heißt es auf Empfängen und Tribünen. Irgendwann einmal könnte man ja ein Stadion in Doha als Ersatzort brauchen, wenn die zivilisierte Fußballwelt nicht mehr mitmacht. Und so passen die vollen Tribünen in London bei Halbfinale und Finale zu den UEFA-Agenden perfekt dazu. Mit 60.000 Zuschauern. In Großbritannien. Im Land der Delta-Variante des Virus. Kein Einspruch der UEFA.