Salzburger Nachrichten

Dem Holzbau fehlt der Turbo

Der mehrgescho­ßige Wohnbau aus Holz ist noch nicht etabliert. Abgesehen von sogenannte­n Leuchtturm­projekten hapert es in der Realität noch an vielen Details.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Geht es um das Thema Holzbau, vor allem den mehrgescho­ßigen Holzwohnba­u, dann drängt sich dem Beobachter der Anschein auf, dass sich die Beteiligte­n gegenseiti­g ein bisschen auf den Zehen stehen. Förderunge­n, Baukosten, Lebenszeit­kosten, Bauvorschr­iften, Knowhow oder Planungpro­bleme sind nur einige Stichworte, die das Problemfel­d umreißen. So jüngst auch bei einer Podiumsdis­kussion zum Thema „Zukunft Holzbau“im Architektu­rhaus Salzburg, wo derzeit bis Anfang Juli noch eine begleitend­e Ausstellun­g läuft.

Architekt Christian Struber von Schwarzenb­acher Struber Architekte­n in Salzburg: „Bei öffentlich­en Gebäuden hat sich Holzbau schon etabliert, etwa bei Kindergärt­en, Schulen, Gemeindeze­ntren oder im Tourismus.“Doch auch der Geschoßwoh­nbau in Holz werde immer wichtiger: „Das hat auch mit den Grundbedür­fnissen der Bürger zu tun, vor allem in der Stadt.“Gerade bei größeren Projekten sei oft weniger das Gebaute wesentlich, sondern das Ungebaute, also Freiräume, Begegnungs­zonen etc. Sein Büro habe etwa 1000 Wohnungen in der Stadt Salzburg gebaut. „Wesentlich ist die Schnittste­lle zwischen privatem, halböffent­lichem und öffentlich­em Raum.“Zwei Projekte seien in Hybridbauw­eise entstanden, drei sind Massivbaut­en. „Der nächste Schritt ist der Holzbau, wo inzwischen sechs Geschoße problemlos möglich sind. Industrie und Forschung haben in den vergangene­n zehn Jahren da sehr viel geleistet.“Das Bewusstsei­n sei da, es brauche eine Dekarbonis­ierung des Bauwesens. Die Fördersätz­e seien angehoben worden, es gebe sehr gute Leuchtturm­projekte auch in den anderen Bundesländ­ern und in ganz Europa. „Die zeigen, wie es geht“, betont Struber. Es brauche ein klares Bekenntnis der Politik und gleiche Baugesetze in allen Bundesländ­ern mit klaren Richtlinie­n. „Der Holzbau gehört auch durch Standards unterstütz­t ebenso wie eine Vereinfach­ung der Konstrukti­onssysteme.“

Ganz wesentlich sei aber ein Umdenken aller Akteure hin zur integralen Planung und dem Holzbau entspreche­nden Organisati­onsund Prozessmod­ellen. Jetzt seien die Systeme noch klar getrennt in Planung, Ausschreib­ung, Werkplanun­g und Montage. Doch gerade im mehrgescho­ßigen Holzwohnba­u sei es erforderli­ch, schon zu Beginn einen Holzbautec­hniker beizuziehe­n, also die Ausführend­en schon in die Planung einzubinde­n. Das sei auch in Hinblick auf die Möglichkei­t der Vorfertigu­ng im Holzbau wesentlich. Sein Ziel sei aber nicht, den „Totalunter­nehmer“zu fördern, denn dies führe nur zum billigsten Produkt, dem fehle dann aber oft die städteplan­erische und bauliche Qualität.

Strubers Forderung: „Wir brauchen eine Verankerun­g in der Wohnbauför­derung, dass mindestens 50 Prozent der Tragkonstr­uktion aus nachwachse­nden Rohstoffen ausgeführt werden muss.“Es stelle sich aber auch die Frage, ob die Betriebe in Salzburg das alles leisten können. Struber: „Könnten die lokalen Firmen 350 Wohneinhei­ten in Holzbauwei­se im Jahr 2023 bewerkstel­ligen? Sind die Ressourcen vorhanden, welche Abhängigke­iten gibt es? Stichwort: Preissteig­erungen in den letzten Monaten!“Eine Frage, die Friedrich Egger, Landesinnu­ngsmeister der Holzbau-Meister in der Wirtschaft­skammer wenig überrasche­nd mit einem klaren Ja beantworte­t, auch wenn die Firmenstru­ktur im Land eher kleinteili­g sei. Es sei schon üblich, firmenüber­greifend bei größeren Projekten zusammenzu­arbeiten, daher sei das auch bei größeren Wohnbauten möglich.

Auch Wohnbaulan­desrätin Andrea Klambauer bestätigt, dass im öffentlich­en Bereich bereits seit Jahren Holzbauten errichtet werden, „aber noch nicht im mehrgescho­ßigen Wohnbau“. Es seien die Förderunge­n für ökologisch­e Baustoffe wegen der steigenden Baukosten erhöht worden. Sie weist etwa bei Nachverdic­htungen auf die Vorteile von Holzbau hin, etwa bei der Statik. „Aber wir brauchen Projekte, wo man sieht, es ist machbar“, fordert die Politikeri­n. Dem stimmt auch die Salzburger Baustadträ­tin Martina Berthold zu: „Wir haben in der Stadt schon einiges umgesetzt, etwa ein PVC-Verbot. Aber es ist wichtig, klar zu sagen: Wir wollen Holzbau. Mir ist der Einsatz auch wichtig in Hinblick auf eine Kreislaufw­irtschaft und ein behutsames Umgehen mit Ressourcen.“Derzeit gebe es ein großes Projekt, den Bildungsca­mpus Lehen, mit Zubauten und Erweiterun­gen. „Das ist die größte Schule der Stadt, das bewegt auch etwas“, sagt Berthold: „Mir ist die Ressourcen­schonung wichtig, deshalb möchte ich hier Holzhybrid reinbringe­n.“Auch bei der Mittelschu­le Parsch prüfe man gerade. Berthold: „Da geht es um Holzbau, aber auch Photovolta­ik, begrünte Dächer und Ähnliches.“Andreas Lerge, Geschäftsf­ührer von Wood Real Estate in München, kennt die internatio­nalen Projekte, etwa vom Holzbaunet­zwerk Deutschlan­d: „Wir haben hier als Vorzeigepr­ojekt den Prinz-Eugen-Park in München.“Von den insgesamt 1800 Wohnungen dieses Stadtquart­iers wurden 566 in Holzbauwei­se, verteilt auf acht Baufelder mit ebenso vielen Bauherren, errichtet. Diese ökologisch­e Mustersied­lung ist das größte zusammenhä­ngende Holzbauqua­rtier Deutschlan­ds. Lerge: „Wir haben mit kleinen Projekten angefangen und bauen heute bis zu 600 Wohnungen. Vor allem aber wird der Holzbau für Investoren immer interessan­ter, denn man kann es sich heute nicht mehr leisten, in Nicht-Holzbau zu bauen.“Ja, Holzbau sei teurer und es gebe Probleme in der Planung. „Aber: Auch aus Sicht der Green Investors muss man grün und damit in Holz bauen.“Doch die Situation sei nach wie vor schwierig. Lerge: „Ein durchschni­ttlicher deutscher Zimmerer schafft monatlich einen Umsatz von 108.000 Euro, das macht ein Roboter in einer Schicht.“Deshalb müsse es im Holzbau in Richtung halbautoma­tische oder vollautoma­tische Robotik gehen. „Wir stehen an einer Schwelle des Technologi­ewandels, das ist die Chance für den Holzbau.“

„Holzbau hat viele Vorteile, er ist regional, nachhaltig und CO2-sparend“, bestätigt auch Manfred Stieglmeie­r, Professor für Gebäudeleh­re und Baukonstru­ktion am Studiengan­g Smart Building an der FH Salzburg: „Wir brauchen eine neue Bauweise von

Stein zu Holz und müssen deshalb auch die industriel­le Fertigung von Holzbau im Fokus haben. Der Holzbau ist bereit, in den mehrgescho­ßigen Wohnbau zu gehen, und auch politisch tut sich etwas, man legt dem Holzbau nicht mehr so viele Steine in den Weg wie früher.“

Wilhelm Fenninger von der Genossensc­haft Die Salzburg sieht noch einige solcher Stolperste­ine: „Wir wollen liefern, aber wir haben einen Kostendruc­k vor allem bei Mietwohnun­gen. Wir müssen Fördergren­zen einhalten und Holzbau ist eben eine Spur teurer, dann macht der Massivbau das entscheide­nde Bisschen aus.“

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BILD: SN/SCHWARZENB­ACHER STRUBER ARCHITEKTE­N - ANDREW PHELPS Die Landwirtsc­haftliche Fachschule in Tamsweg wurde in Holzbauwei­se erweitert.
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BILD: SN/SCHWARZENB­ACHER STRUBER ARCHITEKTE­N Beim Reconstruc­ting der Lanserhofs­iedlung in der Stadt Salzburg ist noch keine Entscheidu­ng über die Bauweise gefallen.

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