Salzburger Nachrichten

Kein Platz im Heim: Patient seit Herbst im Spital

Einem 77-Jährigen wurde der Heimplatz gekündigt, während er im Spital war. In einer Salzburger Einrichtun­g kommt er nicht unter.

-

Es ist eine belastende Situation für Christine Hummer (71). Seit fast acht Monaten ist ihr 77-jähriger Mann Ludwig auf der psychiatri­schen Abteilung im Krankenhau­s Braunau untergebra­cht. Weil es für ihn keinen geeigneten Platz in einem Pflegeheim gibt, kann er nicht aus dem Spital entlassen werden. Wegen seiner Demenz müsste er in eine Spezialein­richtung. Aber dort bekommt er keinen Platz. „Es ist verrückt“, sagt Christine Hummer.

Ludwig Hummer leidet an einer speziellen Form von Demenz. Vor sechs Jahren wurde die Krankheit bei ihm diagnostiz­iert. Sein Zustand hat sich mehr und mehr verschlech­tert. Im November 2019 zog er aus ihrem Haus in Ostermieth­ing in ein Seniorenwo­hnheim nach Maria Schmolln. Genau ein Jahr später wurde er in ein Krankenhau­s überwiesen.

Er sei bei der Körperpfle­ge immer wieder handgreifl­ich geworden, sagt Christine Hummer. Im Heim hielt man eine psychiatri­sche Behandlung im Krankenhau­s für nötig. Während er dort behandelt wurde, kündigte ihm die Heimleitun­g. „Er wurde für heimunfähi­g erklärt“, sagt Hummer. Die Einrichtun­g sei mit der Pflege des Mannes überforder­t, er müsste in einer Spezialein­richtung betreut werden.

Eine solche gibt es mit dem Gunther-Ladurner-Pflegezent­rum in der Stadt Salzburg. Das Land betreibt dieses Pflegeheim, das auf neurologis­che Patienten, spezielle demenziell­e Erkrankung­en und Wachkomapa­tienten spezialisi­ert ist.

Allerdings wurde eine Anmeldung in dieser Einrichtun­g vom Land abgelehnt. Der Grund: Ludwig Hummer müsste dafür zwei Jahre im Bundesland Salzburg gemeldet sein. Da die Familie Hummer im benachbart­en Oberösterr­eich wohne, könne er in Salzburg nicht untergebra­cht werden. Für Christine Hummer ist diese Entscheidu­ng befremdlic­h. Zum einen, weil es in Oberösterr­eich keine entspreche­nde Einrichtun­g gibt. Die Bezirkshau­ptmannscha­ft Braunau würde zudem die Kosten für die Unterbring­ung in Salzburg übernehmen. „Und mein Mann war 35 Jahre lang bei der Sozialabte­ilung des Landes als Sozialarbe­iter tätig. Es ist traurig, wie das Land mit seinen Mitarbeite­rn umgeht.“

86 Plätze gibt es im LadurnerPf­legezentru­m auf dem Gelände der Christian-Doppler-Klinik. Diese seien alle voll, es gebe auch eine Warteliste, sagt Sozialland­esrat LH-Stv. Heinrich Schellhorn

(Grüne). Solange es eine Warteliste für Salzburger Bewohner gebe, könne man Oberösterr­eichern auch keinen Platz anbieten.

Ein Ausbau der Plätze sei auch nicht geplant, sagt Schellhorn. „Für eine zweite Einrichtun­g fehlt der Bedarf.“Um sechs Plätze erweitert wird derzeit das Albert-Magnus-Haus der Caritas in der Stadt Salzburg. Das ist ebenfalls eine spezialisi­erte Seniorenei­nrichtung, allerdings für Menschen mit Behinderun­g. Gern hätte man die dortigen 60 Plätze um noch mehr erweitert. Das scheiterte aber an der maximal zulässigen Geschoßflä­chenzahl.

Schellhorn kritisiert auch, dass Menschen mit gewissen Erkrankung­en in Seniorenhe­imen nicht betreut werden: Zuletzt hatte ja auch die Stadt Salzburg beschlosse­n, keine Personen mit besonderen psychiatri­schen Erkrankung­en mehr aufzunehme­n, weil diese in eine Spezialein­richtung gehörten. „Auch Menschen mit psychiatri­schen Erkrankung­en sollten eine gewisse Normalität erleben dürfen“, sagt Sozialland­esrat Heinrich Schellhorn.

Aus dem Büro der zuständige­n oberösterr­eichischen Landesräti­n Birgit Gerstorfer (SPÖ) wird bestätigt, dass es keine entspreche­nde Einrichtun­g in Oberösterr­eich gibt. Man plane aber für das Bundesland ein Demenzkomp­etenzzentr­um.

Im Salzburger Unikliniku­m gibt es derzeit 20 Patienten, die von einer weiteren Spitalsbeh­andlung nicht mehr profitiere­n, aber wegen eines fehlenden Platzes in einer Pflegeeinr­ichtung nicht entlassen werden könnten. Auf der geriatrisc­hen Abteilung der Christian-Doppler-Klinik gab es im ersten Quartal des Jahres 46 solcher Patienten. Dafür gebe es viele Gründe, sagt Primar Bern

„Für eine zweite Einrichtun­g fehlt der Bedarf.“

Heinrich Schellhorn, Grüne

hard Iglseder. Neben fehlenden Plätzen gebe es auch rechtliche Gründe. „Häufig trifft es Menschen, die nicht mehr selbst entscheidu­ngsfähig sind. Da gilt es dann rechtliche Angelegenh­eiten zu klären.“So müsse ein Erwachsene­nvertreter bestimmt werden, es brauche Gutachten für die Pflegestuf­e.

Derzeit betrage die durchschni­ttliche Verweildau­er auf der Geriatrie drei Wochen. Diese Dauer habe in den vergangene­n Jahren zugenommen. Gleichzeit­ig stieg auch das Alter der Patienten. „Als ich 2006 angefangen habe, lag es bei 81, mittlerwei­le ist es bei 83“, sagt Iglseder. Heimplätze auszubauen sei auch nicht ohne Weiteres möglich. „Ein Bett gibt es im Möbelhaus, aber man braucht auch das hoch qualifizie­rte Personal dafür. Und das ist schwer zu bekommen.“

Für Christine Hummers Mann gibt es vorerst jedenfalls noch keine Lösung. Das Entlassung­smanagemen­t im Krankenhau­s Braunau hatte versucht, ihn in einer Einrichtun­g in Bayrisch Gmain unterzubri­ngen. Von dort ist aber vergangene Woche ebenfalls eine Absage gekommen. Jetzt ist Christine Hummer verzweifel­t. „Gehen wir so mit unseren alten Menschen um?“

 ??  ??
 ??  ??
 ?? BILD: SN/ROBERT RATER ?? Für einen Platz im GuntherLad­urner-Pflegezent­rum fehlt dem 77-Jährigen der Wohnsitz.
BILD: SN/ROBERT RATER Für einen Platz im GuntherLad­urner-Pflegezent­rum fehlt dem 77-Jährigen der Wohnsitz.

Newspapers in German

Newspapers from Austria