Wolfs-Debatten, schon im Mittelalter
Landwirtschaft und Wildtiere – das bot schon immer Zündstoff
1958 erklärte Diktator Mao Zedong (1893–1976) in der Volksrepublik China den „vier Plagen“den Krieg: Fliegen, Stechmücken, Ratten und Spatzen. Letzteren warf man vor, zu viel Getreide zu fressen, obwohl hauptsächlich Insekten auf ihrem Speiseplan standen. Die Folge: Von einer Milliarde natürlicher Feinde befreit, machten sich Heuschreckenschwärme über die Felder her und trugen zu einer Hungersnot bei. In Europa wurden seit dem Mittelalter Raubtiere wie Bären und Wölfe verfolgt. Schon Kaiser Karl der Große (747/748–814) ordnete in seiner Landgüterverordnung an, dass in jeder Grafschaft zwei Wolfsjäger angestellt werden mussten. Betont wurde der nötige Schutz der Nutztiere. Auch heute werden „Problembären“zum Abschuss freigegeben, auch wenn mancher Trophäenjäger lieber ein Prachtexemplar erlegt.
Die Raubtiere wurden in den Jagdrevieren der Adeligen als unliebsame Konkurrenz betrachtet. In der Habsburgermonarchie forderten kaiserliche Jagdordnungen im 17. Jahrhundert dazu auf, „Bären, Wölff, Füchs, Otter, Wild-Katzen und andere schädliche Thier“auszurotten. Deren ökologische Bedeutung übersah man: Wo große Beutegreifer fehlen, vermehrt sich das Wild stark; die Bauern hatten teils hohe Ernteschäden zu beklagen. Die Wölfe wurden u. a. mit Giftködern, Wolfsangeln und Fallgruben bejagt. Kaiser Joseph II. (1741–1790) ordnete im Jahr 1786 mit gutem Grund an, bei Wolfsgruben Warnzeichen aufzustecken. Denn: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt leicht selbst hinein. Dies gilt auch für den kurzsichtigen Umgang des Menschen mit seiner Umwelt. Alexandra Bleyer