Italien oder Österreich? „Alles ist möglich“
Warum Eduard Mainoni das Match nicht in einem seiner Lokale verfolgt und was die Italiener von der österreichischen Nationalmannschaft halten.
„Ich werde den Daumen meiner rechten Hand für Österreich drücken und den der linken Hand für Italien“, sagt Christian Gehbauer. Nachsatz: „Ich bin Rechtshänder, daher drücke ich doch ein bisschen mehr für die Österreicher.“Er ist Verkaufsleiter bei Segafredo und seit 30 Jahren für den italienischen Konzern tätig.
Das Match Italien gegen Österreich am Samstagabend wird für den Fußballfan eine Belastungsprobe im doppelten Sinn. Zum einen spielte er selbst 20 Jahre lang in der 1. Landesliga Fußball und wird daher im Spiel mit den Österreichern „mitleiden“, wie er sagt. Denn das Match zu gewinnen, werde eine schwierige Sache werden. Zum anderen ist da der italienische Mutterkonzern. „Uns mit unserer Rösterei in Hallwang nennen sie dort ,la piccola perla‘ – wenn ich mir vorstelle, diese kleine Perle gewinnt dann ein EM-Match gegen die großen Italiener, dann wäre das konzernintern schon ein Schock“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Für unmöglich hält er einen Sieg der Österreicher übrigens nicht – die Chancen stünden 30 zu 70, meint er. Und auch wenn die Italiener gewännen, könne er gut weiterleben und weiterhin italienischen Kaffee genießen. „Hauptsache, es wird spannend und es fallen viele Tore.“
Kein Geheimnis aus seiner Leidenschaft für die italienische Nationalmannschaft macht unterdessen Eduard Mainoni. Dino Zoff, der bei der WM 1982 als 40jähriger Mannschaftskapitän mit seinem Team den WM-Titel holte, verehrt er im selben Ausmaß, wie es die Italiener tun. „Von Udine bis Triest hängt in jeder Bar ein Bild von ihm“, sagt Mainoni. Er sei zwar ein waschechter Österreicher, in seinen Adern fließe aber doch italienisches Blut. Während der Napoleonkriege ist ein Teil der Mainonis nach Österreich gezogen und hat sich in den Dienst des Kaisers bzw. seiner Armee gestellt. Das Spiel Österreich gegen Italien wird der frühere Staatssekretär und nunmehrige Unternehmer und Honorarkonsul im Café San Marco am Makartplatz verfolgen – zusammen mit anderen italophilen Salzburgern. Davor wird er noch ein letztes Mal in seinem Lokal Venexia stehen – denn für die kleine Weinbar in der Gstättengasse ist Samstag der letzte Tag. „Die Zukunft für ein so kleines und enges Lokal ist mir zu unsicher“, erklärt Mainoni. Seinen Weinhandel Venexia und auch sein zweites Lokal Mavini in Lehen führt er jedoch weiter. Hauptgeschäft bleibt für Mainoni die Vermietung von Lagerflächen – in seinem Unternehmen Multistorage. Auch wenn ihn der endgültige Abschied von der Weinbar Venexia schmerze, will er den Fußballabend dennoch genießen. „Die Italiener hatten im Fußball schon auch Durststrecken, aber jetzt herrscht eine neue Aufbruchsstimmung – mit teilweise jungen Spielern.“Zu Mainonis Favoriten zählen etwa Manuel Locatelli, der gegen die Schweiz zwei Tore erzielt hat, und Ciro Immobile, der ebenfalls ein Tor gegen die Schweiz geschossen hat. Als Honorarkonsul für Italien habe er zudem das Privileg, sich mit beiden Mannschaften mitzufreuen.
„Das Schöne am Fußball ist ja, dass immer alles möglich ist“, sagt Giorgio Simonetto, der Leiter der Società Dante Alighieri in Salzburg. Auch sein Herz schlägt für Italien, aber ein bisschen gespalten sei er doch. „Immerhin ist Österreich seit 30 Jahren meine Wahlheimat“, erklärt der gebürtige Italiener. Für ein authentisches Fußballerlebnis wird er am Samstagabend jedenfalls das italienische Fernsehen aufdrehen. „Das soll kein Angriff auf den ORF sein – der sehr viele Sachen gut macht. Aber die EM-Kommentatoren sind mir dann doch tendenziell zu ruhig und zu distanziert“, meint er. Die italieni
schen Kollegen würden jeden Schritt kommentieren, und das aus der Sicht der Italiener. Giorgio Simonetto räumt der österreichischen Nationalmannschaft durchaus Chancen ein. „Es ist in internationalen Wettbewerben immer wieder passiert, dass ein Favorit gegen ein Außenseiterteam verloren hat, weil er zu überheblich an die Sache herangegangen ist. Und Österreich hat in dieser EM bisher eine gute Figur gemacht.“Und was sagen italienische Medien über den Gegner Österreich? Giorgio Simonetto
lächelt. „Zu allererst wird stets betont, dass der Trainer der Österreicher, Franco Foda, italienische Wurzeln hat. Sein Vater stammt ja aus Venedig. Das heißt, seine Mannschaft wird nicht direkt als Feind betrachtet.“Spieltechnisch würden die Italiener mit großem Respekt in das Match gehen. Für ihn selbst treffen sich mit Österreich und Italien „zwei Freunde auf Augenhöhe“. Er hoffe zwar, dass Italien gewinnen werde, aber noch viel mehr hoffe er auf ein schönes Spiel und nicht auf einen Sieg durch Taktieren.