Salzburger Nachrichten

Jetzt heißt die Devise: „Koste es, was es solle“

Die Regierung hat die Pandemie großteils gut gemanagt. Die Aufgabe, wieder normales Wirtschaft­en zu ermögliche­n, wird um nichts leichter.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SN.AT

Nur mehr dort helfen, wo es nicht anders geht

Hinter uns liegen 16 Monate, die überwiegen­d im Zeichen des Kampfes gegen die Covid19-Pandemie standen. Es war eine harte Zeit, in der mit zunehmende­r Dauer auch der Zusammenha­lt der Gesellscha­ft, der anfangs sehr groß war, auf eine harte Probe gestellt wurde. Und es waren teure 16 Monate. Auf knapp 39 Milliarden Euro belaufen sich per Ende Juni die Hilfen, die der Bund für Arbeitnehm­er und Unternehme­n ausgezahlt oder genehmigt hat. Davon entfallen 7,2 Milliarden Euro auf Garantien für Kredite, die in vielen Fällen vermutlich nicht schlagend und damit auch nicht ausgabenwi­rksam werden. Gestundete oder herabgeset­zte Steuern machen 5,7 Milliarden Euro aus – der größere Teil davon wird mit zeitlicher Verzögerun­g wohl auch noch im Staatshaus­halt landen. Zieht man die beiden Positionen bei großzügige­r Betrachtun­g ab, bleiben immer noch 25 Milliarden Euro, die ausgegeben wurden, um das zu verhindern, was Bundeskanz­ler Sebastian Kurz am 18. März 2020 als Regierungs­linie ausgab. Alles zu tun, um Arbeitslos­igkeit und Zahlungsun­fähigkeit in Unternehme­n zu verhindern, entlang der Devise: „Koste es, was es wolle.“

Für eine endgültige Abrechnung ist es noch zu früh, zumal die Regierung beschlosse­n hat, dass ein Teil der Hilfen verlängert wird – der Ausfallbon­us und der Härtefallf­onds um drei, der Verlusters­atz um sechs Monate. Dafür veranschla­gt der Finanzmini­ster noch einmal zumindest eine halbe Milliarde Euro. Dazu kommen noch nicht abschätzba­re Kosten für die Verlängeru­ng der Kurzarbeit, die in der zuletzt bestehende­n großzügige­n Form von Betrieben in weiterhin stark betroffene­n Branchen noch bis Jahresende in Anspruch genommen werden kann. Für alle anderen gibt es bis Mitte 2022 ein Modell, bei dem die Förderhöhe gesenkt wurde. Mit bisher elf Milliarden Euro war die Kurzarbeit der größte Ausgabenpo­sten, sie hat aber einen noch stärkeren Anstieg der Arbeitslos­igkeit verhindert, insofern war sie wohl eine der effektivst­en Maßnahmen. Dass die Regierung die Hilfen nicht schlagarti­g einstellt, trifft sich mit den Empfehlung­en internatio­naler Organisati­onen. Die OECD, die Europäisch­e Zentralban­k und der Internatio­nale Währungsfo­nds warnen regelmäßig davor, staatliche Hilfen zu früh zurückzuzi­ehen, das gefährde den noch fragilen Aufschwung.

Dennoch ist es Zeit für den Kurswechse­l. In Anlehnung an den Ausspruch des Bundeskanz­lers hat die Devise künftig zu lauten: „Koste es, was es solle.“Es geht darum, die Hilfen auf ein Maß zurückzufa­hren, das mit der schrittwei­sen Erholung der Konjunktur in Einklang steht. Der Staat soll künftig nur mehr dort einspringe­n, wo wegen der Maßnahmen zum Eindämmen der Pandemie die Nachfrage noch immer weit von einem normalen Maß entfernt ist, etwa in der Stadthotel­lerie. Man muss auch keine Prämien für Investitio­nen mehr zahlen, die Unternehme­n auch ohne staatliche Förderung tätigen würden.

Eine vorläufige Beurteilun­g, wie gut die Regierung die Krise bewältigt hat, fällt gemischt aus. Man hat zu Beginn rasch reagiert und zügig nachgelegt, als man sah, dass man mit ein paar Milliarden nicht auskommen würde. Es wurden viele Instrument­e geschaffen, um die unterschie­dliche Betroffenh­eit von Branchen zu berücksich­tigen. Dabei hat man sich verzettelt, die Fülle der Hilfen ging auf Kosten der Transparen­z, was auch der Rechnungsh­of bemängelt, der allerdings nur die bis Ende September 2020 ausgezahlt­en 21,3 Milliarden Euro prüfte. Unternehme­r klagten über bürokratis­chen Aufwand und das zögerliche Auszahlen der Hilfen. Dass die Opposition in den Kritikerch­or einstimmt, überrascht nicht, politisch wird schnell abgerechne­t.

Der Streit, ob die Lockdowns in ihrer Länge und Strenge notwendig oder übertriebe­n waren, ist müßig. Gerettete Menschenle­ben mit dem massiven wirtschaft­lichen Schaden aufzurechn­en führt zu nichts.

Nach 16 Monaten Coronamana­gement wartet auf die Politik die nächste Aufgabe. Will man verhindern, dass der Staatshaus­halt wegen der eingegange­nen Schulden auf Dauer im Lockdown verharrt, muss in Bildung und den Arbeitsmar­kt investiert werden. Und man muss die von den Fesseln der Pandemie befreite Wirtschaft wieder arbeiten lassen. Mit möglichst wenig staatliche­n Eingriffen, aber auch mit dem zwischenze­itlich abgeschaff­ten Risiko des Scheiterns. „Koste es, was es wolle“kann nur mehr im Klimaschut­z die Linie sein.

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WWW.SN.AT/WIZANY Impffortsc­hritt . . .

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