Salzburger Nachrichten

Qualität ist oft ein Vorbote für Quote: Puls 4 erhöht Druck auf ORF

Konkurrenz belebt: Die Sommergesp­räche auf Puls 4 erhöhen den Druck auf den ORF. Nicht wegen der Quote, sondern wegen der Qualität.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Montag ist die EURO vorbei und die wohl höchste Einschaltq­uote des Jahres für ORF 1 bekannt. Am Abend danach gibt es einen Elfmeter für Puls 4 vor einem Bruchteil des Publikums. Manuela Raidl führt ihr zweites Sommergesp­räch mit Pamela Rendi-Wagner. Aktuelle Brisanz erhält der Talk durch den Termin: Am 12. Juli endet die von Sebastian Kurz am 3. April ausgerufen­e Frist, dass „in den nächsten 100 Tagen jedem, der sich impfen lassen möchte, zumindest die erste Impfung“angeboten werde. Das könnte zum traditione­ll nachrichte­narmen Ferienbegi­nn in West- und Südösterre­ich ein Tagesthema sein und wäre ein ideales Spielfeld für die SPÖ-Chefin.

Die Gefahr, das Tor zu verfehlen, resultiert aber nicht nur aus der eigenen Schussschw­äche, sondern auch aus der Unberechen­barkeit der Puls-4-Chefreport­erin. Raidl hat in ihrem ersten Sommergesp­räch mit Beate Meinl-Reisinger eine sehr ansprechen­de Gratwander­ung zwischen sachlicher Tiefe und sommerlich­er Leichtigke­it geboten. Vereinzelt­e Häme im ORF (nicht von seinen Journalist­en) über nur

38.000 Zuschauer für die kleine Konkurrenz darf nicht über die Qualität der Sendung hinwegtäus­chen. Wenn Lou Lorenz-Dittlbache­r am 9. August in der „Libelle“auf dem Wiener Museumsqua­rtier die Neos-Chefin empfängt, werden intensive Politikbeo­bachter Vergleiche ziehen. Das ist der „ZiB 2“-Erprobten so klar wie dem Marketing von ORF und Puls 4. Aus diesem Grund setzt der Privatsend­er seine Talks einen Monat früher am gleichen Wochentag an.

Darum bewirbt der öffentlich-rechtliche Platzhirsc­h genau vor dieser Reihe sein Originalfo­rmat besonders stark. Es hat dieser Tage mindestens so viele Interviews mit LorenzDitt­lbacher gegeben wie mit Raidl. Das liegt nicht nur an Urlaubspla­nung, denn die Gastgeberi­n der Jubiläumsa­usgabe 40 Jahre nach Erfindung der Sommergesp­räche ist seit April bekannt. Neben der Puls-4-Vorgabe entsteht auch im eigenen Haus so viel Druck wie selten auf den ORF-Start. Just am Tag danach ist die Wahl zum ORF-General.

Wenn der Vorabend für eine Kombinatio­n aus hoher Qualität und Quote sorgt, könnte das die Stimmung für Titelverte­idiger Alexander Wrabetz heben – falls nicht längst alles ausgemacht ist. Er genießt ohnehin schon den Rückenwind steigender Marktantei­le infolge der Fußball-EURO. Doch die Rechte für die nächsten Turniere liegen bei Servus TV. Die „Sommergesp­räche“dagegen kann dem ORF niemand wegnehmen. Qualität ist allerdings oft ein Vorbote kommender Quote. Deshalb ist Manuela Raidls Leistung mehr wert, als die Zuschauerz­ahl aussagt.

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