Hohe Ziele im Tourismus
Zum Ferienstart präsentiert die Regierung ihren „Comebackplan“für die Branche. Die Probleme nach Corona sind die gleichen wie davor: Fachkräftemangel und Eigenkapitalschwäche.
WIEN. Nach einer entspannteren Pandemieentwicklung und vielen Lockerungen sind Gastronomie, Hotellerie und der Tourismus wieder zurück. Rechtzeitig zum Auftakt der Schulferien im Westen und Süden Österreichs hat Tourismusministerin Elisabeth Köstinger mit Bundeskanzler Sebastian Kurz am Donnerstagabend ihren „Comebackplan für den heimischen Tourismus“präsentiert, eine Art Fahrplan für die Branche, die von Pandemie und Lockdowns gebeutelt wurde wie keine andere.
Der Plan konzentriert sich auf drei Schwerpunkte – die Modernisierung des touristischen Arbeitsmarkts, die Stärkung von Eigenkapital und neue Finanzierungsperspektiven sowie auf das Reiseverhalten der Zukunft und neue Formen der Kooperation zwischen Tourismus und Regionen. Es gehe darum, „der Branche Mut zu machen, sie aus der Krise zu holen und den Tourismus langfristig zu stärken“, betont Köstinger. Jetzt könne Österreich wieder seine starke Seite als Gastgeber und Tourismusland zeigen, ergänzt Bundeskanzler Kurz. Finanzminister Gernot Blümel verweist auf anhaltende Hilfszahlungen. Sie müssten „so gestaltet sein, dass sie nicht zu viel Anreiz bieten und trotzdem notwendige Liquidität ermöglichen“.
Überraschend waren für die geladenen „rund 300 Spitzenvertreterinnen und -vertreter der Branche“wohl weder Problemanalyse noch aufgezeigte Lösungsansätze. Köstinger hatte schon im April den Prozess „Auf geht’s – Zum Comeback des heimischen Tourismus“gestartet und Praktiker eingeladen, in „Comeback-Talks“Maßnahmen zu beraten, die einen Neustart und die langfristige Stärkung des heimischen Tourismus zum Ziel hatten.
So finden sich im jetzt vorgelegten Konzept Punkte, die schon im Vorfeld auf Schiene gebracht worden waren. Etwa die bis Jahresende laufende Nachfolgeregelung für die Kurzarbeit, auf die bis Mitte 2022 ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe folgen soll.
Ein akutes Problem bleibt der Fachkräftemangel im Tourismus, der sich während der Pandemie noch verschärft hat. Aktuell sucht der Tourismus 16.000 Fachkräfte. Viele Mitarbeiter hätten sich während der Lockdowns neu orientiert, gerade auch gute Leute, sagt Robert Seeber, Obmann der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer (WKO). Seeber spricht die notwendige Stärkung des Eigenkapitals bei Tourismusunternehmen an, „ein Drittel der Betriebe hat negatives Eigenkapital“. Er fordert daher eine Verlängerung der Senkung der Mehrwertsteuer auf 5 Prozent. „Das braucht die Branche einfach, das wäre ein Boost“, sagt Seeber. Der Tourismus werde noch zwei bis drei Jahre brauchen, um wieder an das Niveau vor der Krise anschließen zu können. In der Ferienhotellerie laufe das Geschäft teils wieder sehr gut mit Auslastungen von 80 Prozent und mehr. Während sich die Stadthotellerie mit Quoten von 30 bis 40 Prozent herumschlagen muss.
Laut dem Institut Eco Austria hat Österreich seinem Tourismus stärker unter die Arme gegriffen als andere Länder. Hier seien mindestens 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an Betriebe ausbezahlt worden, deutlich mehr als in Kroatien (1,33 Prozent), Deutschland (1,13) oder der Schweiz (0,36 Prozent).
Hotelbetreiberin Petra NockerSchwarzenbacher vermisst neue Ideen. Das Geschäft laufe an, aber anders als 2020 sei Österreich für viele nur noch Transitland auf dem Weg zum Meer. Sie unterstreicht die Wichtigkeit von Tests und Kontrollen. Damit könne Österreich bei internationalen Gästen punkten. „3-G funktioniert hier wahrscheinlich besser als sonst wo auf der Welt.“
Kritik kommt von der SPÖ. Forderungen von Arbeitnehmerseite blieben unberücksichtigt, kritisiert Tourismussprecherin Melanie Erasim. Anstatt Löhne und Arbeitsbedingungen zu verbessern, würden Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose verschärft. Ihr Fazit: „Noch einmal 40 Millionen Inseratenbudget, weitere Geldgeschenke an Großhoteliers und in Aussicht gestellte Verschlechterungen für die Beschäftigten in der Branche.“