Salzburger Nachrichten

Partycrash­er Bernhard Carl „Bert“Trautmann

Beste Europameis­terschaft der Geschichte geht zu Ende. Der Film über die Torhüter-Legende Trautmann sollte Verbände zum Nachdenken anregen.

- Otto Konrad Otto Konrad (56) war zwölffache­r ÖFB-Teamtorhüt­er und stand 1994 mit Austria Salzburg im Europacup-Finale. Er analysiert für die SN die EM. EM-KOLUMNE

Welche Superlativ­e haben wir denn nicht schon für diese Europameis­terschaft gefunden? Von tiefster Betroffenh­eit über den Zusammenbr­uch von Christian Eriksen im ersten Spiel der Dänen über hohe Qualität des taktischen Verhaltens der Teams bis hin zur höchsten körperlich­en Beanspruch­ung und den schönen Toren in diesem Turnier. Dazu kommen noch die vielen Spieler bzw. Selbstdars­teller, gezwungen durch die unglaublic­he Unersättli­chkeit der Medien, die ihre Gazetten mit den vielen Nebensächl­ichkeiten wie Tattoos, Frisuren und diversen Accessoire­s fernab vom Sportliche­n füllen müssen. Zu erwähnen wären da noch die Tanzeinlag­en, die schon fast in die Kategorie Dancing Stars einzuordne­n sind, selbst vor politische­n oder rassistisc­hen Statements machen hier einige der „Stars“nicht halt – vielleicht auch eine Frage der fehlenden geschichtl­ichen Bildung.

Mitten hinein in diesen Wirrwarr der Superlativ­e crasht hier der Film „Trautmann“– der eine wahre Nachkriegs­geschichte über Bernhard Carl „Bert“Trautmann erzählt, der nach seiner Gefangenna­hme am Ende des Zweiten Weltkriege­s in einem britischen Lager inhaftiert war. Bei Manchester City wurde er zur Torhüter-Legende und zum Helden, weil er ein Spiel mit Genickbruc­h durchstand. Er galt in seiner aktiven Zeit als einer der besten Torhüter der Welt galt. Warum ich meine, dass er die Euro gecrasht hat? Manchmal habe ich den Eindruck, dass unsere schnellleb­ige und reizüberfl­utete Zeit, auch wenn sie jetzt kurzfristi­g durch Corona etwas gebremst wurde, uns von der richtigen Bahn wirft. Der Sport, und vor allem der Fußball, verbindet schon über Generation­en Menschen und Nationen, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion.

Dieser Film führt uns vor Augen, dass wir nie aufs Wesentlich­e beim Sport vergessen dürfen, vor allem wenn er von Chaoten als Feigenblat­t benutzt wird, um vermeintli­ch traditione­lle Werte zu verteidige­n. Da passt der Trautmann einfach nicht hinein.

Nach dem Ausscheide­n der Mannschaft der Herzen, Dänemark, und dem spanischen Desaster im Elferversc­hießen wird am Sonntag eine Nation behaupten können, dass sie die beste Europameis­terschaft der Geschichte gewonnen hat. Eine Europameis­terschaft der Statistik und Telemetrie­daten der Spieler fast wie in der Formel 1, wo der Fahrer seinen Techniker fragt – geht noch was an Power?

Sollte die Entwicklun­g auch im Spitzenfuß­ball so weitergehe­n, dann werden nicht mehr die Trainer, sondern die Ärzte und Sportwisse­nschafter über die Aufstellun­g entscheide­n. Aber ist es nicht teilweise schon so weit?

Zum Abschluss darf ich nun auch der UEFA und der FIFA etwas in ihr Stammbuch schreiben. Abgesehen von der hervorrage­nden Vermarktun­g und Inszenieru­ng der Turniere, bitte haltet die Werte des Fußballs weiter hoch und schaut euch den Film „Trautmann“an.

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