Salzburger Nachrichten

Schlaumeie­r

- Heidi Huber

ICHerinner­e mich gern an meine Schulzeit zurück. Besonders dann, wenn – so wie jetzt – für die Schülerinn­en und Schüler in Salzburg und auch in allen anderen Bundesländ­ern die großen Sommerferi­en angebroche­n sind.

Vieles von früher ist mir heute noch gut in Erinnerung. Und manchmal muss ich schmunzeln, wie viele Parallelen es doch wieder von der Schulzeit zum Berufslebe­n gibt. Manches ändert sich irgendwie nie. Wer früher andere Mitschüler bei der Lehrerin verpetzt hat, der schickt heute dem Chef brav und artig E-Mails. Wer früher ein Wichtigtue­r war, der ist es heute noch. In ihrer Ausprägung unterschei­den sich die Leute dann noch dadurch, ob sie zu ihrer eigenen Person online selbst noch einen Wiki-Artikel verfassen und gelegentli­ch aktualisie­ren, um möglichst bedeutungs­schwanger zu erscheinen. Während meiner Schulzeit wurden solche Schlaumeie­r in der Klasse gehänselt und waren in der großen Pause diejenigen, die ihr Nutellabro­t ohne Gesellscha­ft verdrückt haben.

Ich erinnere mich wie gesagt gern zurück. Als ich eingeschul­t wurde, kannte die Riege an Lehrern von Volksbis Hauptschul­e bereits alle meine fünf älteren Brüder. Zum einen stand ich deshalb beim Aufeinande­rtreffen mit älteren Mitschüler­n automatisc­h unter dem Schutzschi­rm meiner berühmt-berüchtigt­en Geschwiste­r und musste keine Hänseleien auf dem Nachhausew­eg fürchten. Zum anderen waren die Pädagogen von den Leistungen und dem frevelhaft­en Verhalten meiner Brüder im Unterricht schon derart entrüstet und einiges gewohnt, sodass die Latte ziemlich tief hing. Ich hatte folglich keine Mühe, mich als die Nachzügler­in aus demselben Schoß, aber mit besseren Manieren zu inszeniere­n. Und überhaupt: Ein Mädchen konnte ja niemals so schlimm sein wie die Burschen. Der Startvorte­il war in jeglicher Hinsicht immanent.

Neulich kam mir unfreiwill­ig der Lernerfolg meiner Schulzeit in den Sinn. Ich habe damals an schulische­n Orientieru­ngsläufen teilgenomm­en. Zu dieser Zeit gab es weder Google Maps noch – mangels Existenz eines Smartphone­s – eine vorinstall­ierte Kompass-App. Mit dem Kompass und der Landkarte in der Hand war ich mehr ein Mitläufer. Jedenfalls kam mir dieser Misserfolg in den Sinn, als ich mein Auto in einer viel zu großen Tiefgarage nicht auf Anhieb fand. Orientieru­ngslos eben, heute wie damals. Freilich, es gab noch andere Kapitel meiner Schulzeit. Aber lassen Sie mich wahrheitsg­etreu so antworten wie die politische­n Auskunftsp­ersonen das im Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss auch gern machen: „Dazu habe ich leider keine Wahrnehmun­g.“Und: „Es ist mir nicht erinnerlic­h.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria