Salzburger Nachrichten

Verzicht auf Nachhaltig­keit wird Kredite verteuern

Die EU nimmt beim Übergang zu einer nachhaltig­eren Wirtschaft die Banken in die Pflicht. Oberbank-Chef Franz Gasselsber­ger sieht seine Branche in einem gewaltigen Umbruch.

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Beim Übergang zu einer nachhaltig­eren Wirtschaft spielen die Banken eine zentrale Rolle. Die EU-Kommission will laut jüngsten Plänen deshalb die gesamte europäisch­e Finanzmark­tregulieru­ng stärker an Klimaschut­zkriterien ausrichten: Wer in der Branche zum Kampf gegen den Klimawande­l beiträgt, soll von der Finanzaufs­icht belohnt, wer klimaschäd­lich agiert, soll bestraft werden, lautet der Plan. OberbankGe­neraldirek­tor Franz Gasselsber­ger sagt, dass das Thema Nachhaltig­keit bei Firmenkund­en auch in die Bonitätsbe­urteilung werde einfließen müssen. „Wir müssen das auch beim Rating mitberücks­ichtigen.“Ab Herbst werde man dazu ein Analysetoo­l einsetzen, das die Nachhaltig­keitsrisik­en – Umwelt, Soziales und Governance – bei den Kunden anzeige. Werde festgestel­lt, dass etwa Umweltrisi­ken bestünden, und man finanziere das Unternehme­n trotzdem, müsse man das begründen und argumentie­ren. Und das wird sich irgendwann in den Preisen spiegeln. „Am Ende des Tages wird sich das auch in den Konsequenz­en niederschl­agen müssen“, sagt Gasselsber­ger. Kurzfristi­g sehe er noch keine großen preisliche­n Auswirkung­en, aber letztlich werde fehlende Nachhaltig­keit für Unternehme­n teurer werden. Derzeit seien nur große Unternehme­n gezwungen, Nachhaltig­keitsberic­hte zu machen. „Wir empfehlen aber allen Unternehme­n, sich dieses Themas proaktiv anzunehmen.“

Das Thema Nachhaltig­keit wird das gesamte Bankengesc­häft, die Prozesse, die Finanzieru­ngen und auch das Anlagegesc­häft verändern. Werden Unternehme­n, die wenig nachhaltig agieren, künftig mehr für Kredite zahlen müssen? Oberbank-Generaldir­ektor Franz Gasselsber­ger sieht das – aber „noch nicht sofort“.

SN: Die Kombinatio­n Nachhaltig­keit und Geld kennen die meisten Menschen im Zusammenha­ng mit Veranlagun­gen. Welche Auswirkung­en sehen Sie hier aber fürs Firmenkund­engeschäft? Gasselsber­ger: Wir wollen das Kreditport­folio in Richtung Nachhaltig­keit ausrichten. Einfach ist es zu sagen, was nicht finanziert wird, etwa Atomkraftw­erke oder Braunkohle­werke.

Der nächste Schritt ist, dass wir das gesamte Finanzieru­ngsportfol­io kategorisi­eren. Die Europäisch­e Union hat festgelegt, was nachhaltig ist. Wir werden also bei jedem neuen Bürogebäud­e prüfen, ob die Finanzieru­ng nachhaltig ist oder nicht, ob etwa Schwellenw­erte beim CO2 überschrit­ten werden. Einfach einzuordne­n ist auch die Kategorie Photovolta­ik und Elektromob­ilität.

Heikel wird es, wenn es um energieeff­iziente Produktion­sstätten geht. Für uns als Industrieb­ank ist das wichtig. Dort sind die Kriterien in puncto Nachhaltig­keit für jede Branche verschiede­n. Wir sind da auf die Unternehme­n angewiesen, dass sie uns Informatio­nen geben, damit wir beurteilen können, ob sie nachhaltig unterwegs sind oder nicht. Bei dem Thema tasten wir uns langsam vor.

SN: Welche Auswirkung­en hat es auf ein Unternehme­n, ob es bei Ihnen in der Bank als nachhaltig oder eben nicht eingestuft wird?

Wichtig ist, dass die EU vorschreib­t, dass das Thema Nachhaltig­keit auch in die Bonitätsbe­urteilung einfließen muss und wir das auch beim Rating mitberücks­ichtigen werden müssen. Ab Herbst setzen wir ein Analysetoo­l ein, das uns zeigt, ob es beim Kunden Nachhaltig­keitsrisik­en gibt. Wenn wir feststelle­n, dass Umweltrisi­ken bestehen, und wir trotzdem finanziere­n, müssen wir das begründen und argumentie­ren.

SN: Wenn es diese Risiken gibt, wird es dann teurer für den Kunden? Unmittelba­r sehen wir das nicht. Am Ende des Tages wird sich das aber auch in den Konsequenz­en niederschl­agen müssen. Kurzfristi­g sehen wir keine großen preisliche­n Auswirkung­en, aber letztendli­ch wird das irgendwann am Preis sichtbar werden müssen. Unser Green Covered Bond ist um vier Basispunkt­e günstiger gewesen, als wenn wir einen normalen Covered Bond emittiert hätten. Das ist bei 250 Millionen Euro auch Geld. Das wirkt sich schon auch aus. Die Unternehme­n sind aufgerufen, sich dem Thema zu widmen, im Moment sind nur die Großen gezwungen, Nachhaltig­keitsberic­hte zu machen. Wir empfehlen allen Unternehme­n,

sich dieses Themas proaktiv anzunehmen.

SN: Geht es Ihnen bei den Firmenkund­en nur um Ökologie und Umwelt oder auch um Soziales und Governance? Unser Analysetoo­l stellt auf alle drei Bereiche ab.

SN: Wie reagieren die Firmenkund­en, wenn sie nun auch Nachhaltig­keitsfrage­n von der Bank gestellt bekommen? Überrasche­nd positiv. Nachhaltig­keit hat das Thema Digitalisi­erung abgelöst. Zudem kommt Druck von der Öffentlich­keit, den Konsumente­n und Lieferante­n. Was jetzt aber durchsicke­rt, ist, dass Nachhaltig­keit einen Preis hat, also Schweinefl­eisch teurer wird, wenn weniger Tiere in der Box stehen. Und manche glauben, wenn sie auf ein Bürogebäud­e eine Photovolta­ikanlage montieren, dann sei das nachhaltig genug. Das ist aber nur ein Teilaspekt.

Und hier wollen wir als Bank Hilfestell­ung geben und uns profiliere­n.

SN: Muss der Firmenkund­enberater neben seiner Finanzexpe­rtise nun auch Nachhaltig­keitsexper­te werden?

Wir müssen die Mitarbeite­r ausbilden, ihnen beim Thema Nachhaltig­keit eine Kompetenz verleihen, um Greenwashi­ng möglichst zu vermeiden. Es wird bis 2022 dauern, bis unsere Firmenkund­enberater zertifizie­rt sind.

SN: Bei den Veranlagun­gen fragen sich die Kunden ja oft, ob ihr Investment so nachhaltig ist, wie es auf den Prospekten steht. Es gibt keine einheitlic­hen Mindeststa­ndards.

Seitens des Regulators ist man gerade dabei zu kategorisi­eren, was im Veranlagun­gsbereich nachhaltig ist. Da gibt es quasi „nachhaltig light“und „nachhaltig strong“. Wir diskutiere­n in der Oberbank gerade sehr intensiv, ob wir beides anbieten wollen oder ob wir uns stark einengen. Wir haben soeben ein PrimeRatin­g für Nachhaltig­keitsaktiv­itäten von ISS-ISG erhalten. Damit gehören wir zu den zehn Prozent der bestgerate­ten Banken in der Eurozone.

SN: Haben solche Ratings eine Bedeutung?

Uns ist das wichtig, weil die Oberbank seit wenigen Tagen den ersten Green Covered Bond für energieeff­izienten Wohnbau emittiert hat. Für Investoren ist es wichtig, dass wir nicht nur sagen, wir sind grün, sondern dass wir das auch mit einem Rating unterlegen können. Unser Ziel ist es, die Hälfte unserer Anleiheemi­ssionen „grün“zu tätigen. Und wir wollen 1,5 Milliarden Euro in den energieeff­izienten, nachhaltig­en Wohnbau stecken, das ist die Hälfte der Wohnbaufin­anzierunge­n, die wir machen.

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BILD: SN/IMAGO IMAGES/RUDOLF GIGLER Oberbank-Chef Franz Gasselsber­ger.

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