Salzburger Nachrichten

Vor allem Junge infizieren sich

In Wien betrafen vergangene Woche mehr als die Hälfte aller gemeldeten Infektions­fälle Menschen unter 30. Ein „Sommerloch“beim Monitoring könne man sich nicht leisten, sagt ein Experte.

- Zim

Die Zahl der Neuinfekti­onen steigt seit einigen Tagen kontinuier­lich – so kontinuier­lich, wie sie zuvor gesunken war. Sonntag wurden 159 Neuinfekti­onen gemeldet, also doppelt so viele wie vergangene­n Sonntag. 159 Infektione­n sehen auf den ersten Blick nach nicht viel aus – und von einer Sieben-Tage-Inzidenz von elf Infizierte­n pro 100.000 Einwohner konnte man vor Kurzem nur träumen. Dennoch werden die Zahlen von den Experten und im Gesundheit­sressort genau beobachtet. Denn man will nicht wie im vergangene­n Herbst sehenden Auges in die nächste starke Welle gehen.

Das Corona-Prognose-Konsortium hatte Ende der Vorwoche festgehalt­en, dass es eine „hohe Wahrschein­lichkeit“für eine vierte Welle gebe – die Frage sei weniger, ob, sondern wann diese komme. Die ansteckend­ere Delta-Variante dominiert bereits das Infektions­geschehen. Die Situation ist dabei nicht mit dem Vorjahr vergleichb­ar, wie im Gesundheit­sministeri­um betont wird: Einerseits schreite das Impfen voran und besonders gefährdete Gruppen (ältere Jahrgänge,

Risikopati­enten) seien durchgeimp­ft. Zweitens geben die Tests einen guten Überblick: Während man das Hintergrun­drauschen im vergangene­n Sommer nicht gehört habe, sei das diesmal anders. Das Prognose-Konsortium empfiehlt übrigens, ab einer Inzidenz von 25 die FFP2-Maske wieder einzuführe­n. Sie wurde erst jüngst durch den einfachen Mund-NasenSchut­z ersetzt. Die Regierung hat in der Vorwoche betont, dass ab 22. Juli die Pflicht zum Tragen eines MNS im Handel wegfallen soll – mit Ausnahme der Geschäfte des täglichen Bedarfs (Supermarkt, Drogerie,

Apotheke etc.). Wie man ab der Marke von 25 vorgehe, „werde gerade besprochen“, sagte der Gesundheit­sminister am Sonntag. Wien kratzt bereits an der 25er-Marke. Am Sonntag wurden wieder die mit Abstand meisten Neuinfekti­onen aus der Bundeshaup­tstadt gemeldet (86 der 159). Am Beispiel der einzigen Millionens­tadt im Land lässt sich auch nachvollzi­ehen, wo die Infektione­n derzeit hauptsächl­ich stattfinde­n: bei den Jungen. Das deckt sich mit den Erfahrunge­n anderer Länder im Zuge der DeltaWelle. Von den 411 Neuinfekti­onen, die innerhalb von sieben Tagen (von 3. bis 10. Juli) gemeldet wurden, entfielen 241 auf unter 30-Jährige – also mehr als die Hälfte. Wobei die 20- bis 29-Jährigen mit 135 den größten Teil ausmachten. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in dieser Gruppe mit 46,7 auch mehr als doppelt so hoch als im Wien-Durchschni­tt (21,5), ähnlich hoch ist sie bei den Zehn- bis 19-Jährigen (46,0). In der Gruppe der Null- bis Neunjährig­en liegt sie bei 12,6, wobei Kinder unter sechs kaum getestet werden. Ab sechs müssen Kinder in Wien fürs Freibad oder den Besuch im Gasthaus einen negativen Test vorweisen – anders als im Rest Österreich­s, da gilt die Testpflich­t erst ab zwölf. „Fakt ist, dass wir ohne Testpflich­t ab sechs einen Gutteil des Infektions­geschehens nicht finden würden“, heißt es im Rathaus. Lob dafür kommt von Komplexitä­tsforscher Peter Klimek. In einem „Standard“-Kommentar betonte er, dass die Maßnahme notwendig sei. Ein „Sommerloch“beim Monitoring von Kindern (da ja die Schultests entfallen, Anm.) könne man sich nicht leisten. Denn: Kinder und Jugendlich­e sind jene Gruppe, die ab Herbst zum überwiegen­den Teil ungeschütz­t sein wird – und auch nicht geimpft werden kann.

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Die Delta-Variante breitet sich vor allem unter den Jungen aus.

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