Die SPÖ, ein Drama in zu vielen Akten
Streit auf offener Bühne, massiver Vertrauensverlust, falsche Themensetzung: Höchste Zeit, dass sich die SPÖ in den Griff kriegt.
Wer um Himmels willen versteht die SPÖ? Der Selbstzerstörungskurs der größten Oppositionspartei sucht seinesgleichen: Themen werden zum völlig falschen Zeitpunkt oder widersprüchlich kommuniziert – Stichwort erleichterter Zugang zur Staatsbürgerschaft oder Abschiebungen nach Afghanistan. Die Parteivorsitzende wird auf dem Parteitag mit einem desaströsen Ergebnis gedemütigt, ohne dass die Kritiker den Mut gehabt hätten, die breite Kritik auch laut zu äußern. Und nun ergehen sich Burgenlands LH Hans Peter Doskozil und Parteichefin Pamela RendiWagner in einem Kleinkrieg, der alles bisher Dagewesene in diesem ohnehin schwierigen Verhältnis in den Schatten stellt: Die SPÖ sei in einem Zustand wie „die ÖVP unter Mitterlehner“(Doskozil) versus: Doskozil agiere „wie Kickl“(Rendi-Wagner). Außerdem sei Doskozil „unehrlich“, legte sie am Montag nach.
Abgesehen von der Ebene der persönlichen Beleidigung offenbaren diese Vergleiche die Problemzonen der SPÖ. Erstens: Sie definiert sich stark über die Abgrenzung zu anderen. Zweitens: Es fehlt eine Alternative zu Rendi-Wagner, die stets nur geduldet war. Eine Alternative, die die ÖVP unter Mitterlehner in Gestalt von Sebastian Kurz sehr wohl hatte.
Dass mit Christian Kern ausgerechnet jener SPÖVorsitzende, der Rendi-Wagner als Nachfolgerin wollte (weil ihm die Oppositionsbank zu hart war), Doskozil nun in Wirtschaftsfragen berät, ist auch eines der Rätsel, die einem die SPÖ derzeit aufgibt. Es war Doskozil, der dem Kurzzeit-Kanzler einst vorwarf, „persönliche Eitelkeiten“vor Parteiinteressen zu stellen, und ihm einen „Kurz-Komplex“unterstellte.
Und die Lösung? Dass Rendi-Wagner angesichts des geringen Vertrauens ihrer Partei alles hinschmeißt? Man würde es verstehen. Schaut aber nicht so aus. Dass sie weiterwurschtelt bis zur nächsten Wahl? Tatsächlich wollen ja nicht einmal jene in der Partei, die auf ihrer Seite stehen, sagen, ob sie die nächste rote Spitzenkandidatin wird. Siehe Kärntens Peter Kaiser, siehe Wiens Michael Ludwig.
Ludwig ist übrigens der Einzige, der aktuell das Format hätte, die Partei zu einen und zu stärken. Das hat er schon in Wien bewiesen, als er die zerstrittene Landesgruppe befriedet und eine Wahl gewonnen hat. Dass er das Rathaus verlässt, ist aber unwahrscheinlich. Warum auch? Heimlicher Parteichef ist er ohnehin. Als solcher sollte er massiv darauf einwirken, dass zum SPÖ-Drama nicht weitere Akte hinzukommen, die SPÖ eine Linie findet und das macht, was sie auch kann: konstruktive Oppositionspolitik.