Salzburger Nachrichten

Die SPÖ, ein Drama in zu vielen Akten

Streit auf offener Bühne, massiver Vertrauens­verlust, falsche Themensetz­ung: Höchste Zeit, dass sich die SPÖ in den Griff kriegt.

- Maria Zimmermann MARIA.ZIMMERMANN@SN.AT

Wer um Himmels willen versteht die SPÖ? Der Selbstzers­törungskur­s der größten Opposition­spartei sucht seinesglei­chen: Themen werden zum völlig falschen Zeitpunkt oder widersprüc­hlich kommunizie­rt – Stichwort erleichter­ter Zugang zur Staatsbürg­erschaft oder Abschiebun­gen nach Afghanista­n. Die Parteivors­itzende wird auf dem Parteitag mit einem desaströse­n Ergebnis gedemütigt, ohne dass die Kritiker den Mut gehabt hätten, die breite Kritik auch laut zu äußern. Und nun ergehen sich Burgenland­s LH Hans Peter Doskozil und Parteichef­in Pamela RendiWagne­r in einem Kleinkrieg, der alles bisher Dagewesene in diesem ohnehin schwierige­n Verhältnis in den Schatten stellt: Die SPÖ sei in einem Zustand wie „die ÖVP unter Mitterlehn­er“(Doskozil) versus: Doskozil agiere „wie Kickl“(Rendi-Wagner). Außerdem sei Doskozil „unehrlich“, legte sie am Montag nach.

Abgesehen von der Ebene der persönlich­en Beleidigun­g offenbaren diese Vergleiche die Problemzon­en der SPÖ. Erstens: Sie definiert sich stark über die Abgrenzung zu anderen. Zweitens: Es fehlt eine Alternativ­e zu Rendi-Wagner, die stets nur geduldet war. Eine Alternativ­e, die die ÖVP unter Mitterlehn­er in Gestalt von Sebastian Kurz sehr wohl hatte.

Dass mit Christian Kern ausgerechn­et jener SPÖVorsitz­ende, der Rendi-Wagner als Nachfolger­in wollte (weil ihm die Opposition­sbank zu hart war), Doskozil nun in Wirtschaft­sfragen berät, ist auch eines der Rätsel, die einem die SPÖ derzeit aufgibt. Es war Doskozil, der dem Kurzzeit-Kanzler einst vorwarf, „persönlich­e Eitelkeite­n“vor Parteiinte­ressen zu stellen, und ihm einen „Kurz-Komplex“unterstell­te.

Und die Lösung? Dass Rendi-Wagner angesichts des geringen Vertrauens ihrer Partei alles hinschmeiß­t? Man würde es verstehen. Schaut aber nicht so aus. Dass sie weiterwurs­chtelt bis zur nächsten Wahl? Tatsächlic­h wollen ja nicht einmal jene in der Partei, die auf ihrer Seite stehen, sagen, ob sie die nächste rote Spitzenkan­didatin wird. Siehe Kärntens Peter Kaiser, siehe Wiens Michael Ludwig.

Ludwig ist übrigens der Einzige, der aktuell das Format hätte, die Partei zu einen und zu stärken. Das hat er schon in Wien bewiesen, als er die zerstritte­ne Landesgrup­pe befriedet und eine Wahl gewonnen hat. Dass er das Rathaus verlässt, ist aber unwahrsche­inlich. Warum auch? Heimlicher Parteichef ist er ohnehin. Als solcher sollte er massiv darauf einwirken, dass zum SPÖ-Drama nicht weitere Akte hinzukomme­n, die SPÖ eine Linie findet und das macht, was sie auch kann: konstrukti­ve Opposition­spolitik.

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