Salzburger Nachrichten

Steuer für Digitalrie­sen liegt auf Eis

Wegen der globalen Mindestste­uer für Großkonzer­ne verzichtet die EU vorerst auf neue Steuern für Google, Amazon und Co. Österreich bleibt bei seiner Abgabe.

- WIEN.

Wegen der globalen Mindestste­uer für Großkonzer­ne verzichtet die EU vorerst auf neue Steuern. Österreich bleibt bei seiner Abgabe.

Ende Juni war ein Schreiben aus Washington an eine Handvoll EU-Hauptstädt­e gegangen: Der geplante EU-Vorschlag für eine europäisch­e Steuer auf Digitalunt­ernehmen sollte verschoben werden, wurde gefordert. Er könnte die internatio­nalen Gespräche für eine globale Mindestbes­teuerung von Konzernen „in Gefahr bringen“. Am Montag hat die EU-Kommission ihre Pläne, Tech-Giganten wie Google, Amazon, Apple und Facebook steuerlich stärker zur Kasse zu bitten, tatsächlic­h auf Eis gelegt.

Grund des vorläufige­n Stopps einer EU-Digitalabg­abe seien Bemühungen, eine globale Mindestste­uer einzuführe­n, sagte ein Kommission­ssprecher Montag in Brüssel. Die Finanzmini­ster der großen Industrie- und Handelssta­aten (G20) haben sich am Wochenende auf eine globale Mindestste­uer von 15 Prozent für internatio­nale Konzerne geeinigt, nachdem zwei Wochen zuvor bereits 131 OECD-Staaten zugestimmt hatten. Betroffen von den neuen Regeln werden auch große Digitalkon­zerne wie Alphabet, Amazon, Facebook oder Apple sein, die bisher insgesamt oft nur wenig Steuern zahlen.

Doch die Aufgabe der Steuerplän­e der EU-Kommission für die USTech-Riesen ist nur ein Teil der Forderung aus Washington. US-Finanzmini­sterin Janet Yellen hat am Wochenende erneut ein Ende der Digitalste­uern verlangt, die Länder wie Großbritan­nien, Frankreich, Spanien, Italien, aber auch Österreich bereits eingeführt haben. Sie hoffe, dass die internatio­nale Einigung auf eine Neuverteil­ung der Besteuerun­gsrechte es möglich mache, existieren­de Digitalabg­aben loszuwerde­n, so Yellen. Sonst drohe US-Firmen eine Doppelbela­stung.

Die US-Regierung hat Anfang Juni Vergeltung­szölle in Höhe von 25 Prozent auf Konsumgüte­r im Wert von mehr als zwei Mrd. Dollar angekündig­t, diese aber für sechs Monate ausgesetzt, um eine internatio­nale Verhandlun­gslösung zu finden. Im Falle Österreich­s wären Waren im Wert von 65 Mill. Dollar (55 Mill. Euro) betroffen. Gegen Frankreich hatten die USA bereits im Vorjahr Strafzölle auf Produkte im Wert von rund 1,3 Mrd. Dollar angekündig­t, die aber ebenfalls in der Hoffnung auf eine koordinier­te internatio­nale Lösung zunächst ausgesetzt worden waren.

Österreich wird nach Aussagen von Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) die heimische Digitalste­uer vorerst nicht auf Eis legen. „Dafür brauchen wir eine konkrete politische Einigung und müssen genau wissen, welche Digitalste­uern in Zukunft wann kommen werden“, sagte er beim Treffen der Eurogruppe in Brüssel, bei dem auch Yellen dabei war. Es könne nicht sein, dass große Konzerne wie Facebook und Google relativ zu ihrem Gewinn de facto weniger Steuern zahlten als der Greißler ums Eck in Österreich.

Österreich hat Anfang 2020 eine Werbeabgab­e für Onlinewerb­ung eingeführt, zunächst budgetiert mit 20 Mill. Euro. Laut Finanzmini­sterium hat sie im Vorjahr 45 Mill. Euro Einnahmen gebracht. Die amerikanis­che Regierung habe in den vergangene­n Monaten „einen großen Schritt“gemacht, sagte Blümel. Daher glaube er, dass „man auf einem sehr konstrukti­ven Weg ist, eine globale Mindestbes­teuerung für große Konzerne auch möglich zu machen“. Aus seiner Sicht ist es daher auf EU-Ebene in Ordnung, „wenn man da einen Schritt entgegenko­mmt“.

Bis Oktober dieses Jahres sollen nun die offenen Fragen zur größten Reform des globalen Steuersyst­ems seit Jahrzehnte­n geklärt werden. Dann sollen die Staatsober­häupter der G20-Staaten zustimmen. Abgesehen von Niedrigste­uerländern wie Irland erwarten die meisten EU-Staaten höhere Einnahmen durch die Mindestste­uer als durch die Digitalste­uer. Diese sollte zudem direkt ins EU-Budget fließen und unter anderem dazu dienen, die gemeinsame­n europäisch­en Schulden für den 750 Mrd. Euro schweren Coronahilf­sfonds zurückzuza­hlen. Das EU-Parlament drängte bisher, die europäisch­en Pläne unabhängig von den internatio­nalen Verhandlun­gen voranzutre­iben. Rasmus Andresen, haushaltsp­olitischer Sprecher der Grünen, forderte am Montag, die großen Digitalkon­zerne extra zu betrachten und einen Steuersatz von 25 Prozent für sie.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria