Salzburger Nachrichten

Regierung rüstet für die Cyberkrise Experte im Kanzleramt: „Die Angriffe werden immer gefinkelte­r.“

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WIEN. Für die Cybersiche­rheit der Republik sind in Österreich das Kanzleramt, das Innenminis­terium, das Außenamt und das Verteidigu­ngsministe­rium zuständig. Dem Kanzleramt obliegt das Strategisc­he, zugleich ist es Koordinier­ungsstelle und – bei Alarm in der Verwaltung – auch die Cyberfeuer­wehr (GovCERT).

2020 sei ein „sehr herausford­erndes Jahr“gewesen, sagt Clemens Möslinger, Abteilungs­leiter für strategisc­he Cybersiche­rheit im Kanzleramt. Es begann mit dem schweren Angriff aufs Außenminis­terium, dann kam mit Corona die Zeit des Homeoffice in weiten Teilen der Bundesverw­altung. „Die Angriffe werden deutlich mehr, sie werden immer gefinkelte­r und besser koordinier­t“, sagt Möslinger.

Bei der Mehrheit der Attacken seien nicht staatliche Akteure (wie bei jener aufs Außenamt sofort vermutet) am Werk, wenn aber doch, „geht’s um Daten“(sprich: Ausspionie­ren). Häufig, so Möslinger, seien Attacken von Hackern, „die schauen, was geht. Denen ist es egal, ob es die OMV oder das Finanzmini­sterium ist, die wollen Geld machen.“Die Schaltstel­len der Republik – die 13 Ministerie­n, ihre Dienststel­len,

Register und Serviceang­ebote (Zentrales Melderegis­ter, ELGA, finanzonli­ne etc.) – sieht der Experte „ganz gut aufgestell­t. Perfekt und 100 Prozent gibt’s in der IT nie.“

Derzeit ist jedes Ressort selbst für seine IT und deren Cybersiche­rheit zuständig, gleichzeit­ig sind alle miteinande­r vernetzt. Ob da nicht ein System für alle klüger wäre? Möslinger: „Wir wollen es besser machen.“Das Außenamt, betont er, sei nach dem Angriff intensiv abgesicher­t worden. „Es hat viel Energie und Ressourcen in seine Netzwerke gesteckt, so etwas wie im Jänner 2020 sollte nicht mehr passieren.“

Das relativ junge gesetzlich­e Fundament in Sachen Cybersiche­rheit ist das Netz- und Informatio­nssystemsi­cherheitsg­esetz, kurz NIS. Es trat 2018 in Kraft. Seither sind in Betrieben der kritischen Infrastruk­tur

und von Betreibern „wesentlich­er Dienste“verpflicht­end Schutzvork­ehrungen zu treffen; das Innenminis­terium muss alle drei Jahre kontrollie­ren. Das gilt u. a. für die großen Energiever­sorger, für Verkehrsbe­triebe und für den Gesundheit­ssektor. Die Ministerie­n unterliege­n prinzipiel­l dem NIS, die Bundesländ­er konnten es übernehmen.

Das Gesetz, direkte Ansprechpa­rtner im Innenminis­terium (auch zur Beratung), das regelmäßig­e Teilen von Informatio­nen/Warnungen und viele persönlich­e Gespräche hätten in Sachen Prävention einiges bewirkt, heißt es im Innenminis­terium. Mit einem Gesetz in der Hand sei es einfacher, Vorstände zu überzeugen, dass in die IT-Sicherheit investiert und das nötige Personal angestellt werden muss. „Dass die Einschläge immer näher kommen, sieht man ja“, sagt ein BMI-Experte und verweist auf das nationale Computerno­tfallteam (CERT.at), an das sich alle Unternehme­n wenden können, die Ziel einer Attacke wurden. Nachsatz: „Wir werden profession­eller, die Angreifer auch.“

Der Innenminis­ter kann kraft des Gesetzes eine Cyberkrise ausrufen. Das dann, wenn sie „massive Auswirkung­en auf die Daseinsvor­sorge“hat. Auslöser der Krise muss keine Attacke sein; große Ausfälle können auch passieren, wenn sich in Netzwerken Fehler potenziere­n.

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