Schönberg hörte vorrangig seine eigene Musik
Eine Onlineausstellung lädt zum Stöbern in der historischen Plattensammlung des Komponisten.
Ein Vorläufer der Sprachnachrichten unserer Zeit? Im Jänner 1935 sandte Arnold Schönberg seiner Schwiegermutter aus dem Exil in den USA einen „Hörbrief“und forderte sie darin auf, ihre „sieben Zwetschken“zu packen, nicht auf das Nähzeug zu vergessen und zu Besuch zu kommen. Auch Tochter Nuria, später die Gattin von Luigi Nono, erzählt ihrer Oma vom Weihnachtsfest an der US-Westküste. „Du kannst in meinem Zimmer schlafen“, fügt die Zweijährige an.
Die siebenminütige Familienszene im Aufnahmestudio, die den Neutöner im Exil als Familienmenschen zeigt, ist Teil einer Onlineausstellung zu Arnold Schönbergs 70. Todestag. Das Arnold Schönberg Center und die Österreichische
Mediathek laden per Mediathek zum Stöbern in der Plattensammlung des Komponisten. 70 historische Tondokumente werden dabei mit Schönbergs Lebensstationen verknüpft.
Mehr als 400 Schallplatten – darunter frühe Schellacks und Selbstschnittfolien – umfasst der Bestand des Erfinders der Zwölftonmusik. Viele Tonobjekte blieben über Jahrzehnte in Kalifornien, wo der 1874 in Wien geborene Schönberg nach seiner Emigration 1933 bis zu seinem Tod 1951 lebte. Sie wurden erst 1998 nach Wien ins Archiv des Schönberg Center transferiert und dort vor zwei Jahren von der beim Technischen Museum angesiedelten Mediathek zur Digitalisierung und Langzeitarchivierung übernommen, berichtete deren Leiterin Gabriele Fröschl am Montag. Die 70 ausgewählten Aufnahmen, die trotz Nachbearbeitung mit dem für frühe Tonträger typischen Knistern unterlegt sind, können in einem audiovisuellen Atlas angeklickt werden. Zu jeder Hörprobe gibt es Hintergrundinfos zum Nachlesen.
Gefüllt war Schönbergs Regal hauptsächlich mit Aufnahmen eigener Werke, etwa mit einer Aufnahme des „Pierrot lunaire“aus dem Jahr 1940. Auch Bearbeitungen von Brahms’ Klavierquartett oder seine Bach-Instrumentationen finden sich in der Onlineausstellung. „Er war eigentlich kein Plattensammler“, erklärte Kurator Eike Feß. Vielmehr habe er die Dokumente etwa im Unterricht eingesetzt, um Studierende auf bestimmte Interpretationsmerkmale aufmerksam zu machen. Dazu kommen einige Platten, die er von Bekannten oder Freunden geschenkt bekommen habe.
Schönberg selbst war übrigens alles andere als ein Plattenfan. 1930 geißelte er den „unsäglich rohen Ton“und „die breiige Zusammensetzung des Klangkörpers, die jede feine Unterscheidung ausschließt“. Dank der Onlineausstellung lässt sich nun nachhören, was der Ausnahmekomponist damit gemeint haben könnte.
Ausstellung: