Salzburger Nachrichten

Liebe zwischen Krieg und Flucht

Jad Turjman ist vor sechs Jahren aus Syrien geflüchtet. Seine Erfahrunge­n von Krieg und Verfolgung verpackte er nun als Liebesroma­n.

- Jad Turjman, Autor

Sanaa und Tarek sind ein Paar. Sanaa ist Alawitin und Tarek Sunnit. Als Angehörige von zwei unterschie­dlichen Glaubensgr­uppen des Islams müssen sie ihre Liebe geheim halten. Doch dann muss Tarek vor dem Militär fliehen. Sanaa will ihm folgen, doch wird gefangen genommen. Im Gefängnis lernt Sanaa Amina kennen: Die Deutsche schloss sich freiwillig der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“an. Bald verbindet die beiden sehr unterschie­dlichen Frauen eine innige Freundscha­ft.

Die Geschichte von Sanaa, Tarek und Amina erzählt Jad Turjman in seinem neuen Roman. Flucht, Terror und die Angst vor Gefangensc­haft sind ihm nicht fremd. Turjman flüchtete vor sechs Jahren aus Syrien. Mittlerwei­le ist er Salzburger – auch auf dem Papier – und veröffentl­ichte Ende August seinen zweiten Roman. Wenn Jad Turjman schreibt, begleitet ihn oft das Gefühl der Unsicherhe­it. „Wer bin ich, dass ich ein Buch schreiben kann?“, sagt er. „Ich habe lang gebraucht, um mich nicht als Hochstaple­r zu fühlen. Daran arbeite ich immer noch. Aber am Ende geht es ja darum, die eigene Erfahrung authentisc­h zu schildern.“

Diese fließt auch in seinen neuen Roman ein, auch wenn es sich um eine Liebesgesc­hichte handelt. „Für mich stellte sich die Frage, wie ich eine postmodern­e Gesellscha­ft mit einer Geschichte aus Syrien anspreche, die für viele so weit weg scheint.“Turjmans Antwort ist die Liebesgesc­hichte zwischen Sanaa und Tarek. „Anhand ihrer Geschichte möchte ich zeigen, was Krieg mit Menschen macht.“Ob die Liebe unter so schwierige­n Bedingunge­n ein Happy End finden kann, will Turjman nicht verraten. „Wie so oft im Leben bekommt man vielleicht das, was man will, aber eben nicht so, wie man es sich gewünscht hat. “

Tareks, Sanaas und Aminas Erlebnisse sind an Turjmans Erfahrunge­n angelehnt – und die seiner Freunde. So sei eine seiner ehemaligen Arbeitskol­leginnen in Damaskus ebenfalls vom IS gefangen genommen und sexuell missbrauch­t worden. Ebenso wie dem Autor gelang es auch Tarek, aus seinem Heimatland Syrien nach Europa zu flüchten. Auch wenn die äußerliche Bedrohung durch den Krieg nach seiner Flucht in die Ferne gerückt ist, ist

Tareks Leben nicht plötzlich ohne Schwierigk­eiten und Sorgen. „Genauso wie ich es tat, stellt sich Tarek die Frage: Ich bin in Österreich und was jetzt?“

Nach der Flucht gebe es meist eine Phase der Sicherheit, sagt Turjman. „Die äußere Gefahr ist weg, es geht nicht mehr um Leben und Tod.“Doch dürfe man nicht vergessen, das Kriegstrau­mata nicht von allein verschwänd­en. „Nach zirka drei Jahren in Österreich kam bei mir die Phase, in der sich äußere Konflikte nach innen verlagert haben.“Das erlebt auch Tarek. „Jetzt geht es darum, dass er auch darüber sprechen muss. Sonst überwindet er die Phase der Zerrissenh­eit nie.“

„Oft bekommt man zwar das, was man will, aber nicht, wie man es wollte.“

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