Salzburger Nachrichten

Video-Referee eröffnet neue Ära

Mit Saisonstar­t greifen auch in Österreich­s Bundesliga Videoschie­dsrichter ein.

- GERHARD ÖHLINGER

Mit dem Start der neuen Fußballsai­son beginnt auch in Österreich die Zukunft. Das Auftaktmat­ch zwischen Sturm Graz und Red Bull Salzburg am 23. Juli bringt hierzuland­e den Startschus­s für den Video Assistant Referee (VAR). Was die Fans bereits aus internatio­nalen Ligen und von Länderspie­len kennen, wird damit nun auch zwischen Altach und Wien zum LigaAlltag. Im ÖFB-Cup wird es lediglich beim Finale technische Unterstütz­ung geben.

Mehr Gerechtigk­eit ist das Ziel der technische­n Aufrüstung, wenn auch nicht jeder Fehlpfiff korrigiert werden wird. „Der VAR funktionie­rt wie ein Airbag“, sagte der frühere deutsche FIFA-Referee Hellmut Krug, der die Ausbildung der österreich­ischen Videoschie­dsrichter als Experte begleitete. Der Video-Schiri, sein Assistent (offizielle Bezeichnun­g: „Assistant Video Assistant Referee“bzw. AVAR) und ein technische­r Assistent werden dann genau hinschauen. Ihr Quartier befindet sich in Wien, bei den VAR-Duos handelt es sich um Unparteiis­che aus Bundesliga und 2. Liga.

Alle Referees werden bereits seit mehr als einem Jahr intensiv geschult, sowohl im Umgang mit der neuen Unterstütz­ung auf dem Platz als auch in der Rolle am Bildschirm. Die lange Anlaufphas­e erklärt sich durch die Coronapand­emie, denn eigentlich hätte der VAR schon in der vergangene­n Frühjahrss­aison starten sollen.

In Testmatche­s mit Unterhaus-, Akademie- und Nachwuchsn­ationaltea­ms gewöhnten sich die Schiris an das Instrument. Eine dieser Einheiten wurde auf der Sportanlag­e des SV Straßwalch­en abgehalten. Die Kantine verwandelt­e sich dort für einige Tage zum „Video-Keller“. Die Kicker waren dabei angehalten, bewusst viele regelwidri­ge Situatione­n zu provoziere­n. „Es gab auch schon einmal vier Ausschlüss­e in einem Spiel“, erinnerte sich der Salzburger FIFA-Schiedsric­hter Sebastian Gishamer.

Gerade für die internatio­nal tätigen Referees bringt die VAR-Einführung die Chance, in die Garde der Top-Schiris aufzusteig­en. Denn um Schlagersp­iele in der Champions League leiten zu können, ist Erfahrung mit dem Videoassis­tenten Voraussetz­ung. Auch deshalb nehmen ÖFB und Bundesliga viel Geld in die Hand. Die Implementi­erungskost­en von einer Million Euro (u. a. für die Kameras in den Stadien, Monitore, Glasfaserk­abel etc.) übernahm der Fußballbun­d. Den laufenden Betrieb mit 1,5 Millionen Euro stemmt die Bundesliga.

In den meisten Fällen liefern sechs Kameras von Liga-Partner Sky das Rohmateria­l an den Technikaus­statter Hawk-Eye, bei Schlagerpa­rtien wird auf bis zu elf Kameras erweitert. Von Sky kommen außerdem die Grafiken für das Live-TVBild und die Bilder für die Monitore in den Stadien.

Sonderrege­ln für Österreich­s gibt es keine, es gilt der Grundsatz „minimaler Eingriff ins Spiel, maximaler Nutzen“, daher wird auch bei uns nur bei genau definierte­n Situatione­n eingegriff­en: und zwar, wenn es um Tore, Elfmeter, Rote Karten und die Identitäts­feststellu­ng bei Gelben oder Roten Karten geht. „Der VAR soll nicht das Spiel zerstören“, erklärte Gishamer.

Zurückverf­olgt wird daher bei einem Tor nur der jeweilige Angriff.

Wie schon bei den etablierte­n VAREinsätz­en in anderen Ländern werden deshalb heiße Diskussion­en bleiben. Denn wird beispielsw­eise ein Eckball oder ein Freistoß irrtümlich gegeben und es entsteht daraus ein Tor, kann auch der VAR die Fehlentsch­eidung nicht mehr korrigiere­n – es handelt sich beim ruhenden Ball um den Beginn einer neuen Spielsitua­tion. Bundesliga­Vorstand Christian Ebenbauer sagt: „Der Videoassis­tent ist kein Allheilmit­tel, aber der Fußball wird gerechter. Diskussion­en wird es sicher weiter geben.“

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BILD: SN/GEPA Intensiv getestet wurde der Umgang mit der Videoassis­tenz.

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