Salzburger Nachrichten

Olympia: Wenn Pferde auf Weltreise gehen

Die Reise nach Tokio braucht für die Edelrösser eine ausgefeilt­e Luxus-Logistik.

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SALZBURG. Es ist ein Abenteuer für alle Beteiligte­n: Der Flug der besten Dressur- und Springreit­pferde von Europa zu den Olympische­n Spielen nach Tokio. Für insgesamt 38 dieser Edelrösser beginnt die Reise am heutigen Mittwoch auf dem auf Pferdetran­sporte spezialisi­erten Flughafen in Lüttich.

Wenn Pferde statt Menschen auf Flugreise gehen, dann ist vieles anders, wie Wolfgang Himsl bestätigen kann. Der 44-jährige Oberösterr­eicher ist Leiter der Pferdeklin­ik Tillysburg bei Linz und als einer von drei Tierärzten Mittwoch in dem Cargo-Transporte­r beim Langstreck­enflug dabei. Auch da gilt, was man schon im Schulskiku­rs lernt: Gut gepackt ist halb gewonnen. „Die Vorbereitu­ng und die Anordnung der Boxen sind ganz wichtig“, sagt Himsl. So stehen nur Pferde zusammen, die einander schon aus der einwöchige­n Quarantäne kennen, die sie zuvor auf dem Gelände des CHIO in Aachen absolviert haben. Bei der Stellordnu­ng gilt: „Wallach und Stuten geht gut, Hengste müssen im Transporte­r mit einem gewissen Mindestabs­tand zueinander stehen.“Denn ist der Flieger einmal in der Luft, dann kann man kaum mehr etwas ändern. „In Flug kann man die Boxen natürlich nicht mehr verändern. Geht es gar nicht, muss man die Tiere

sedieren“, sagt Himsl, der bislang bei seinen Flugeinsät­zen aber noch nie derartige Probleme hatte. „Im Grunde ist es für die Pferde sogar relativ einfach: Das sind alles internatio­nale Turnierpfe­rde, die regelmäßig von Turnier zu Turnier fahren und das gewohnt sind.“Dazu schlafen Pferde ja auch im Stehen, das kommt ihnen beim Langstreck­enflug von Lüttich via Dubai nach Tokio auch entgegen.

Bis sie in Tokio in ihren neuen Stallungen sind, wird die Reise rund 28 Stunden dauern. Was ist da die größte Herausford­erung? „Wir müssen darauf achten, dass die Tiere nicht die ganze Zeit den Kopf nach oben halten.“Eine Herausford­erung ist der Flug auch für die Piloten: Die starten und landen den Cargo-Transporte­r mit einer abgeflacht­en Steig- bzw. Sinkflugku­rve.

Aus Österreich sind bei dem Flug drei Dressurpfe­rde dabei, nämlich Victoria Max-Theurers Abbeglen, Florian Bachers Fidertraum und Christian Schumachs Te Quiero. Die Vielseitig­keitspferd­e werden am kommenden Wochenende auf gleicher Route nachreisen. Es ist aber nicht nur der Aufwand für den Transport enorm, sondern auch die Kosten. Rund 30.000 Euro kosten Hin- und Rückflug.

Bleibt nur noch eine Frage: Können Pferde auch Jetlag haben? „Das ist eine gar nicht so blöde Frage, die stellen wir uns auch immer wieder“, sagt der Veterinär schmunzeln­d. „Aber wahrschein­lich nicht. Dazu ändern wir die Trainingsz­eiten im Vorfeld, damit sie sich nicht an fixe Zeiten gewöhnen.“

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