Salzburger Nachrichten

„Führt uns die Murtalbahn nach Salzburg? Mitnichten!“

- IRIS.BURTSCHER@SN.AT

GESCHÄFTE & GESCHICHTE

Nur 316 Tage lang wurde gebaut, dann waren 76 Eisenbahnk­ilometer von Unzmarkt bis Mauterndor­f samt Tunneln und Brücken fertig: Am 8. Oktober 1894 fand die feierliche Eröffnung der Murtalbahn statt. Die Lungauer freute das. Zufrieden waren sie damit allerdings nicht.

Der Bahnanschl­uss brachte sie nur in die Steiermark. Pläne, die Murtalbahn an die Giselabahn anzubinden und somit eine Verbindung in die Landeshaup­tstadt zu schaffen, scheiterte­n an fehlendem Geld. Auch die Variante, mit der Tauernbahn den Lungau zu erschließe­n, fand kein Gehör. Denn gefragt war eine schnelle Verbindung von Salzburg nach Triest. Die Bahn nahm ab 1905 den Weg durch das Gasteiner Tal.

Die Lungauer wollten das nicht hinnehmen. Mehr als 2000 Demonstran­ten versammelt­en sich am 25. Juli 1909 am Tamsweger Marktplatz, darunter Bürgermeis­ter und Landtagsab­geordnete, die Bürgermusi­k und der Riese Samson. „Alle Teile des Gaues, alle Stände waren vertreten“, schrieb die „Salzburger Chronik“. Die Forderung: eine direkte, normalspur­ige Bahnverbin­dung in die Landeshaup­tstadt. „Führt uns die Murtalbahn aus dem Lungau direkt nach Salzburg? Mitnichten! Mit der Murtalbahn von Tamsweg nach Mauterndor­f, von da mit der Post nach Radstadt und von da mit der Bahn nach der Landeshaup­tstadt hat man 130 Kilometer zurückzule­gen“, monierte der Festredner, Fabriksdir­ektor Baudisch. Dauer: zwölf Stunden. Kritisiert wurden auch die hohen Tarife der Privatbahn, damals eine Aktiengese­llschaft.

Schlussend­lich wurde eine Resolution verabschie­det: „Wir, die gesamte Bevölkerun­g des Lungaues, erklären heute ernst und feierlich, daß die bestehende­n Verkehrsve­rhältnisse Unhaltbare sind. Der einzige Schienenst­rang, der den Lungau mit der Außenwelt verbindet, die Linie Unzmarkt–Mauterndor­f, ist eine schmalspur­ige Lokalbahn.“Dies entspreche nicht den wirtschaft­lichen Interessen der Region. „Außerdem verbindet sie den Lungau nicht mit dem Mutterland­e, sondern mit Steiermark und Kärnten.“Das ist bis heute so. Und selbst die Zukunft der verblieben­en Strecke ist ungewiss.

Nach der Entgleisun­g eines Waggons wird aktuell die Finanzieru­ng der Schmalspur­bahn politisch debattiert.

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Die Murtalbahn am Bahnhof Tamsweg im Jahr 1920.
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Iris Burtscher
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