Nein, Megayachten werden nicht bevorzugt
Ein gewaltiges Räderwerk kommt in Gang. Es dient dem Klimaschutz und soll Europa zum Technologieführer machen.
Brüssel schwirrte von Gerüchten. Privatjets und Megayachten sollten von der geplanten Kerosinsteuer ausgenommen werden, hieß es. Die EU-Kommission wolle die Preise für das Heizen derart in die Höhe treiben, dass Millionen Menschen in die Armut getrieben würden. Die neuen Klimaregeln würden die Industrie zum Schließen ihrer Werke zwingen.
Nun, Megayachten und Privatjets sind nicht ausgenommen. Zur Absicherung der ärmeren EU-Haushalte während des Übergangs zu einer karbonfreien Wirtschaft sind Abermilliarden Euro reserviert, die von den EU-Regierungen noch möglichst zielgenau eingesetzt werden müssen, was man gemeinhin Politik nennt. Und die Industrie wird verstärkt Wege suchen müssen, bei der Herstellung ihrer Waren und Produkte den Planeten, auf dem wir leben, nicht mehr in gewohntem Ausmaß aufzuheizen. Auch hier gibt es Begleitschutz: Ausnahmen, Investitionshilfen, Innovationshilfen, Schutz vor Billigimporten.
Für alle Bereiche gilt: Nichts geschieht über Nacht. Doch das kommende Jahrzehnt ist entscheidend. Bis 2030 will die EU um 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. 2050 will sie klimaneutral sein. Das ist kein leeres Versprechen mehr, sondern Inhalt eines Gesetzes, das die Staats- und Regierungschefs und das EU-Parlament im April beschlossen haben. Was die Kommission nun vorlegte, ist der Vorschlag für die Umsetzung. Die Experten und Expertinnen der Brüsseler Behörde haben ein Gesetzespaket vorgelegt, das ein gewaltiges Räderwerk in Gang setzt. Im Zentrum steht die Überzeugung, dass der Ausstoß von CO2 einen Preis haben muss. Die Details werden im Herbst verhandelt. Alle 27 EU-Regierungen müssen zustimmen und auch das Parlament, bevor auch nur eine der 13 vorgeschlagenen Initiativen geltendes Recht werden kann.
Manche Branchen wie die Autoindustrie werden schneller am Ziel einer völligen Dekarbonisierung sein. Andere wie Stahl, Zement, Chemie und Luftfahrt stehen vor deutlich größeren Herausforderungen – vor allem weil sie viel zu spät begonnen haben, die Erderwärmung ernst zu nehmen.
Doch die Chancen stehen gut. Nicht mehr das Ziel steht zur Debatte, sondern nur noch der Weg dorthin. Vor allem aber, so die Hoffnung, werden karbonfreie Technologien zum Wachstums- und Jobmotor der Zukunft, sei es beim Bauen, in der Industrie oder im Transport. Ganz abgesehen davon, dass eine Begrenzung der Erderhitzung zur Überlebensfrage wird – nicht morgen, aber übermorgen.