Der nächste türkis-grüne Konflikt steht bevor
Höchstgericht hebt Einschränkungen der Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerber auf.
WIEN. Eine auf den ersten Blick formaljuristische Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) hat das Zeug zum nächsten türkis-grünen Konflikt. Der VfGH hat zwei Erlässe als gesetzeswidrig aufgehoben, die die Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylbewerber stark einschränken. Konsequenz: Sobald die höchstgerichtliche Entscheidung kundgemacht ist, haben Asylbewerber deutlich größere Chancen nicht nur auf Jobs aller Art, sondern auch auf Lehrstellen.
Während sich die Grünen hocherfreut über den VfGH-Spruch zeigten, gab das Ressort des zuständigen Arbeitsministers Martin Kocher (ÖVP) als Ziel aus, „dass die bestehende Praxis im Vollzug weiterhin sichergestellt werden kann“.
Die bestehende Praxis bedeutet: Asylbewerber können nur als Erntehelfer und Saisonkräfte beschäftigt werden; das gilt per Erlass seit 2004 (Arbeitsminister war damals Martin Bartenstein, ÖVP). Und sie können auch keine Lehre beginnen, wie das zwischendurch möglich war: Diese Option wurde 2018 unter Türkis-Blau (Arbeitsministerin war Beate Hartinger-Klein, FPÖ) wieder unterbunden. Dagegen hatten die Grünen als damalige außerparlamentarische Opposition massiv mobilgemacht. Speerspitze des Widerstands („Ausbildung statt Abschiebung“) war der spätere, im heurigen Frühjahr zurückgetretene Sozialminister Rudolf Anschober.
Der VfGH kam jedenfalls zum Schluss: Die Erlässe seien als Verordnungen einzustufen und hätten damit das deutlich aufwendigere Prozedere (von der Begutachtung bis zur Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt) durchlaufen müssen. Wollen die Türkisen nun, dass es bei der „bestehenden Praxis“bleibt, muss Kocher eine entsprechende Verordnung auf den Weg bringen. Die Grünen sind gegen neuerliche Einschränkungen, zumal Asylbewerbern eine Arbeitserlaubnis ohnehin nur nach einer Arbeitsmarktprüfung durch das AMS erteilt werden könne. Mehr Regeln seien nicht notwendig.