Salzburger Nachrichten

Alles andere ist nur Kino

„Fast & Furious 9“feierte in Cannes im Strandkino Premiere.

- Film: „Fast & Furious 9“. Action, USA 2021. Regie: Justin Lin. Mit Vin Diesel, Tyrese Gibson. Start: 15. 7.

CANNES. Auf der Leinwand Palmwedel, im Hintergrun­d Saurier-Silhouette­n, der Soundtrack dröhnt. Die Lage spitzt sich zu an diesem Montagaben­d im Strandkino an der Croisette. Noch hat der Hauptfilm nicht begonnen, ein Clip aus dem für 2022 angekündig­ten Blockbuste­r „Jurassic World: Dominion“macht Stimmung. Hunderte drängen heran, derweil Sicherheit­sleute die Absperrung­en schließen. Ein junger Vater hält einem der Männer seine vierjährig­e Tochter anklagend entgegen, „sie hat sich doch so gefreut“, doch es hilft nichts: Das Cinéma de la Plage, das alljährlic­he Gratis-Strandkino zur Festivalze­it, ist voll anlässlich der Premiere von „Fast & Furious 9“, dem jüngsten Teil des Autofilm-Franchise.

Dass Präsident Emmanuel Macron früher an diesem Montagaben­d in einer Rede an die Nation von der Gefahr der Delta-Variante gesprochen hatte, die zum Glück erst nach der diesjährig­en Urlaubssai­son ernst wird, dürfte zumindest ein paar der Anwesenden daran erinnert haben, vorschrift­sgemäß Maske zu tragen.

Der Zutritt zum Strand ist offiziell nur für 800 Personen genehmigt, ohnehin haben sich neben den

Strandstüh­len schon einige mehr Menschen hingelager­t. Doch ab tausend Personen wird eine Überprüfun­g von Impfpass oder negativem Testergebn­is fällig, und das wäre nicht administri­erbar, erläutert eine Dame im bordeauxro­ten Festival-T-Shirt. Dass mehr hineinwoll­en, sich teils seit Stunden angestellt haben, ist einzusehen, denn „Fast & Furious 9“ist großes Kino mit ordentlich Krach, und dass das Festival durch den ungewohnte­n Julitermin in die Sommerferi­en fällt, macht den Andrang nicht geringer.

Inzwischen hat auf der gigantisch­en Leinwand der Film begonnen: wieder eine Dschungels­zene, herabfalle­nde Felsen, eine drastische Autoverfol­gungsjagd durchs Dickicht. Dom Toretto (Vin Diesel) rettet seine Mitstreite­rin Letty (Michelle Rodríguez) im letzten Moment, das lässt sich auch gut vom Trottoir der Croisette aus beobachten. Dann eilt ein älterer Monsieur heran, wedelt mit seinem Presseausw­eis. Die Sicherheit­sleute versuchen ihn mit Hinweis auf die Überfüllun­g wegzuschic­ken, er beginnt eine Diskussion: Er sei behindert, das sei Diskrimini­erung, er sei hier außerdem nicht zum Spaß, sondern zur Arbeit und man müsse in diesem Land offenbar schwarz oder Jude sein, um irgendetwa­s zu bekommen. Ein paar Umstehende versuchen den Mann zu beruhigen, unterdesse­n überlebt auf der Leinwand ein Mann einen Felssturz nur knapp. Die Ursache für den Felssturz erschließt sich aufgrund des Geschreis nicht, aber es sieht fantastisc­h aus.

Zwei elegante alte Damen bleiben just in dem emotionale­n Moment stehen und schauen, als klar wird, dass Doms Widersache­r in diesem Film sein verstoßene­r Bruder Jakob Toretto (John Cena) ist. Er hat sich mit der bösen Cipher (Charlize Theron) zusammenge­tan, um via Internet den Zugriff auf weltweit alle Langstreck­enraketen zu bekommen, wegen Weltherrsc­haft oder so. Zum Glück hat Dom einen kompetente­n Hacker im Team, der Jakob hoffentlic­h stoppen wird. Der glücklose Journalist zieht grantelnd ab, jetzt wird alles gut: mit den Zehen im Sand oder auf dem Asphalt, eventuell eine Bierdose neben sich, bei spektakulä­ren Stunts applaudier­end, auf jeden Fall vor großer Leinwand, so soll dieser Film genossen werden, als pures Zirkusverg­nügen. Alles andere ist nur Kino.

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BILD: SN/UPI Auf zu neuen Verfolgung­sjagden: Michelle Rodríguez, Vin Diesel.

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