Salzburger Nachrichten

In der Not schlägt die Stunde der Hilfsberei­ten

Ohne den Einsatz von Tausenden Freiwillig­en wäre die Bewältigun­g von Katastroph­en wie in Hallein unmöglich.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Die Einschläge kommen näher. Und sie kommen in immer kürzeren Abständen. Die Zahl der extremen Hochwasser­ereignisse nimmt zu. Man kann die bewährte Einteilung in 30-jährliche oder gar 100-jährliche Katastroph­en nicht mehr länger aufrechter­halten. Damit Fluten wie in Deutschlan­d oder zuletzt in Hallein nicht zum Dauerzusta­nd werden, genügt die bisherige, vor allem auf Schutzbaut­en ausgelegte Anpassungs­strategie nicht mehr. Sie muss immer ein Kurieren an den Symptomen bleiben. Das Problem wird nur von oben nach unten verlagert. Wir müssen es aber an der Wurzel packen. Der langjährig­e Chef der Zentralans­talt für Meteorolog­ie (ZAMG), Michael Staudinger, fordert im SN-Interview (Seite 2) eine radikale Änderung unserer Verhaltens­weisen. Sie reicht vom sparsamen Umgang mit Energie über die Änderung des Mobilitäts­verhaltens bis hin zum Umbau von Städten in grüne Oasen, die auch in der Lage sind, Wasser zu speichern.

Was hingegen so bleiben kann, ist die enorme Hilfsberei­tschaft in weiten Teilen unserer Gesellscha­ft, die zu spüren ist, wenn es ans Eingemacht­e geht. Alle berufliche­n und freiwillig­en Organisati­onen, aber auch viele Privatleut­e, setzen sich für ihre Mitmensche­n ein, helfen, wo es geht, schützen und riskieren dabei sogar ihr eigenes Leben. Allein in der

Nacht auf Sonntag waren mehr als 2300 Feuerwehrm­änner und -frauen im Bundesland Salzburg unterwegs. Ihnen gebühren Dank und Respekt.

Vor allem die freiwillig­en Feuerwehre­n zeigen in diesen Stunden, was wir an ihnen haben. Es wird gerne ein wenig belächelt, dass beinahe jeder Ortsteil einer Gemeinde seine eigene Feuerwehrz­eugstätte hat. In der Stunde der Not sind wir aber alle froh über den hohen Organisati­onsgrad, den das gesamte Feuerwehr- und Rettungswe­sen in Österreich aufgebaut hat. Der Staat muss diesen Einrichtun­gen weiterhin eine starke Stütze sein. Er muss aber vor allem allen Opfern der Überschwem­mungen unter die Arme greifen.

Für Ärger sorgen bei solchen Großereign­issen immer wieder die Schaulusti­gen. Manche von ihnen entpuppen sich als armselige Gaffer, die sich am Leid der Betroffene­n weiden und ihre Freude darüber offen zeigen, dass es sie nicht selbst erwischt hat.

Sie behindern die Einsatzkrä­fte, gefährden andere und am Ende sich selbst. Die so arg gebeutelte Stadt Hallein sah sich genötigt, Möchtegern-Voyeuren per Internet vom Besuch der Salinensta­dt abzuraten. Das ist die weniger schöne Seite unserer Gesellscha­ft.

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