Salzburger Nachrichten

Cyberangri­ff auf hunderte Journalist­en

Geheimdien­ste sollen weltweit eine Spähsoftwa­re aus Israel missbräuch­lich verwendet haben.

- SN, dpa

Hunderte Journalist­innen, Menschenre­chtsaktivi­sten und Opposition­elle weltweit sind offenbar Opfer illegaler staatliche­r Abhöraktio­nen geworden. Geheimdien­ste und Polizeibeh­örden mehrerer Länder haben demnach eine Cyberwaffe des israelisch­en Unternehme­ns NSO Group verwendet, um damit Mobiltelef­one anzugreife­n. Das zeigen Recherchen von „Zeit“, Süddeutsch­er Zeitung sowie 17 weiteren Redaktione­n aus zehn Ländern, wie die „Zeit“am Sonntagabe­nd berichtete.

Das internatio­nale Journalist­enkonsorti­um konnte demnach ein Datenleck mit mehr als 50.000 Telefonnum­mern auswerten, die mutmaßlich von

NSO-Kunden als Ziele möglicher Überwachun­g ausgewählt wurden.

Pegasus gilt unter Fachleuten als das derzeit leistungsf­ähigste Spähprogra­mm für Handys und ist als Cyberwaffe eingestuft. Es kann infiltrier­te Smartphone­s in Echtzeit ausspähen und die Verschlüss­elung von Chatprogra­mmen wie WhatsApp oder Signal umgehen. NSO verkauft das Programm nur an staatliche Behörden und für den Zweck der Bekämpfung von Terrorismu­s und schwerer Kriminalit­ät. Auf der geleakten Liste finden sich den Recherchen zufolge jedoch unter anderem auch die Handynumme­rn von mehr als 180 Journalist­innen und Journalist­en, darunter Reporterin­nen von Le Monde, Mediapart und Le Canard Enchainé in

Frankreich, eine Reporterin des USFernsehs­enders CNN, ungarische Investigat­ivreporter sowie bekannte Journalist­innen aus Aserbaidsc­han.

Mit Hilfe forensisch­er Untersuchu­ngen konnten in 37 Fällen versuchte oder erfolgreic­he Angriffe mit Pegasus auf den Handys von Journalist­en, Menschenre­chtsaktivi­sten, deren Familienan­gehörigen sowie Geschäftsl­euten nachgewies­en werden.

Die geleakten Daten geben keine zweifelsfr­eie Auskunft darüber, wer sie zu welchem konkreten Zweck erfasst hat. Die am Journalist­enkonsorti­um beteiligte­n Redaktione­n konnten sie einsehen. Die Handyforen­sik wurde im Security Lab von Amnesty Internatio­nal vorgenomme­n. Das auf die Analyse von Cyberangri­ffen spezialisi­erte Citizen Lab der kanadische­n Universitä­t Toronto verifizier­te die Methode, die in der Lage ist, digitale Spuren auf den Geräten mit größtmögli­cher Gewissheit Pegasus zuzuordnen.

Die NSO Group teilte auf Anfrage mit, sie habe „keinen Zugang zu den Daten der Zielperson­en“ihrer Kunden. Zu den Journalist­en, auf deren Smartphone­s Spuren erfolgreic­her Pegasus-Angriffe nachgewies­en wurden, zählen zwei Reporter des ungarische­n Investigat­ivmediums Direkt36.

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