Viele sportliche Wege führen nach Österreich
Athleten aus aller Welt starten bei Olympia in Tokio in Rot-Weiß-Rot – mit Stolz, Überzeugung und Dankbarkeit.
Was verbindet Armenien und Österreich? „Beides sind kleine, schöne Länder“, sagt Sargis Martirosjan. Als der Gewichtheber 2005 Streit mit dem Verband seines Heimatlandes hatte, wechselte er nach Österreich. Dass der damalige Nationaltrainer der rot-weiß-roten Stemmer auch ein Armenier war, half ihm. Martirosjan legte zum Training in Niederösterreich anfangs 80 Kilometer mit dem Bus zurück. In Tokio bestreitet der Europameister im Reißen von 2018 bereits seine zweiten Olympischen Spiele für Österreich. Martirosjan, der sich in der Vorwoche in Maria
Alm/Hintermoos den letzten Schliff holte, kehrte während des Corona-Lockdowns zwecks besserer Trainingsmöglichkeiten in seine alte Heimat zurück.
Im Ausland geborene Olympiateilnehmer haben Tradition in Österreich: Der deutsche Springreiter Hugo Simon startete sechs Mal bei Olympia und holte 1992 Teamsilber. Die aus Australien stammende Triathletin Kate Allen lieferte mit Gold in Athen 2004 eine Sensation in Rot-Weiß-Rot.
Besonders international ist in Tokio Österreichs Tischtennis-Team aufgestellt: Liu Jia bestreitet bereits ihre sechsten Spiele, Liu Yuan ihre ersten. Beide wurden in China geboren. Die 35-jährige Yuan lebt schon seit 15 Jahren in Österreich und musste lange Sperrzeiten für Einsätze
für die neue Nation abwarten, ist nun aber voll Eifer: „Es ist ein Wahnsinn, ein so gutes Gefühl, dass ich bei Olympischen Spielen dabei bin“, sagte sie. Teamkollegin Sofia Polcanova aus Moldau wurde bei einer Schüler-EM 2005 entdeckt. „Dieses Mädchen hat Talent, aber keine Möglichkeit, das Potenzial auszuschöpfen“, habe es damals über sie geheißen. Die Weltauswahl des ÖTTV komplettiert der gebürtige Ungar Robert Gardos.
Die Synchronschwimmerinnen Eirini-Marina und Anna-Maria Alexandri waren mit Drillingsschwester Vasiliki 2012 aus Griechenland gekommen, um ihr sportliches Glück zu suchen. Ausschlaggebend war ihre aktuelle Trainerin Albena Mladenowa. Die gebürtige Bulgarin überzeugte Mutter Artemis Alexandri, dass im Leistungszentrum Südstadt die besten Bedingungen bestehen. 2014 wurde eingebürgert.
Marathonläufer Lemawork Ketema verließ Äthiopien im Frühjahr 2013 auf der Suche nach einem sicheren Leben und erhielt Asyl in Österreich. 2018 lief er gemeinsam mit Peter Herzog und Christian Steinhammer sensationell zum Marathon-Team-Bronze bei der EM in Berlin. „Wenn man fleißig trainiert und arbeitet, ist alles möglich“, sagt der ehemalige Flüchtling. Knifflige Lektionen warten in der neuen Heimat genug – zum Beispiel beim Bundesheer, wie sich Ketema erinnert: „Ich hatte zwar schon Deutsch gelernt. Aber der Dialekt vom Herrn Vizeleutnant in der Grundausbildung war schon ziemlich schwer zu verstehen …“