Salzburgs unbekannter Medaillengewinner
Wenn am kommenden Freitag in Tokio das um ein Jahr verschobene Sommer-Olympia eröffnet wird, sind Salzburger Aktive (diesmal drei) erst zum 20. Mal dabei. Die Trauben hängen hoch: Nur bei sechs Sommerspielen gab es für Salzburg Medaillen, in Summe waren es bisher 14 – und die in nur vier
Sportarten: Fußball, Sportschießen, Segeln und Judo. Genau 100 Salzburger Aktive (92 Männer, acht Frauen) waren bisher bei Sommerspielen dabei. Neben den „sportlichen“Akteuren gab es aber auch Medaillengewinner, die eher unbekannt sind – und an die wollen wir erinnern. Ausgezeichnet wurden sie bei den Nazi-Spielen in Berlin 1936.
Ladies first. Harriet Pauline „Hettie“Dyhrenfurth, aus einer jüdischen Breslauer Familie stammend, war in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts beim Salzburger Tennisclub die Nummer eins und gewann mehrmals die internationalen österreichischen Meisterschaften; auch ihr Ehemann Günther Oskar Dyhrenfurth spielte im Volksgarten. Die Kondition holte man sich beim Bergsteigen. Und das wurde für „Hettie“ab 1930 zum Beruf. Sie war bei zwei Himalaya-Expeditionen ihres Mannes dabei und stellte 1934 mit der Besteigung des Sia Kangri mit 7315 Metern einen Höhenweltrekord für Frauen auf. Dafür erhielten beide 1936 vom IOC den Prix Olympique d’Alpinisme in Gold; zur Überreichung reiste nur Günther Oskar nach Berlin, „Hettie“blieb in der mittlerweile zur Heimat gewordenen „sicheren“Schweiz. Ein Jahr später übersiedelte sie nach Kalifornien, wo sie 1972 starb. Ihr Sohn Norman G. Dyhrenfurth, ein berühmter Bergfilmer und Regisseur, lebte bis zu seinem Tod 2017 in Salzburg, seine Lebensgefährtin, die mehrfache österreichische Golfmeisterin Maria Sernetz, starb im Mai 2021 im Alter von 101 Jahren.
Salzburgs jüngster Medaillengewinner war 1936 der aus Zell am See stammende Hans Helmut Stoiber; der damals 17-jährige Mittelschüler erhielt in der Sparte Lyrik (bis 1948 gab es olympische Kunstbewerbe) für sein Gedicht „Der Diskus“die Bronzemedaille. Die Meditation eines Sportlers nach dem Wurf, wenn er den Schmutz vom Diskus wischt, erhielt große Anerkennung und wurde auch in der Olympiazeitung abgedruckt. Bronze nahm er im Berliner Olympiastadion persönlich entgegen. Stoiber war später Staatsanwalt und Richter in Salzburg und erwarb sich große Verdienste bei der Gründung des Salzburger Nationalparks Hohe Tauern. Er starb im Jänner 2015 im Alter von 96 Jahren.