LGBT-Gesetz: Orbán fragt das Volk
Die ungarische Opposition sieht darin ein Ablenkungsmanöver.
Anfang Juli ist das umstrittene LGBT-Gesetz zum Verbot von „Werbung“für Homound Transsexualität in Ungarn in Kraft getreten. Seither reißt die Kritik daran nicht ab, nicht nur in Ungarn. Nach der europäischen Zivilgesellschaft hatte sich die EU-Kommission zu Wort gemeldet. Zuerrst mit einer Rüge – Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete das Gesetz als „Schande“– dann mit der Ankündigung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Ungarn. Die OrbánRegierung diskriminiere mit dem Gesetz Teile der Gesellschaft.
Gegen diesen Vorwurf will sich Ungarns Premier nun mit dem Rückhalt der Bevölkerung wappnen. Am Mittwoch kündigte er ein Referendum über das Gesetz an. In einem auf seiner Facebook-Seite veröffentlichten Video rief Orbán die Bevölkerung auf, das von der EU scharf kritisierte Gesetz zu unterstützen. „Brüssel hat Ungarn wegen des Gesetzes in den vergangenen Wochen klar attackiert“, sagte er.
Das Referendum ist keine einfache Abstimmung über ein Ja oder Nein zum Gesetz. Es soll anhand von fünf von der Regierung festgelegten Fragen zu Inhalten des Gesetzes
erfolgen. Unter anderem soll gefragt werden, ob die Ungarn dafür seien, dass Minderjährige ohne Zustimmung der Eltern sexuell aufgeklärt werden, ob bei Kindern für Geschlechtsumwandlungen geworben werden darf und ob bei Kindern solche Umwandlungen durchgeführt werden dürfen.
Scharfe Kritik an dem Referendum äußerte die ungarische Opposition. Orbán sei in Schwierigkeiten, kommentierte Péter Jakab, Fraktionschef
der rechtsradikalen JobbikPartei. Er wolle damit von dem ungarischen Abhörskandal gegen Regierungsgegner ablenken, der auch international hohe Wellen schlägt. Der Chef der Momentum-Partei, András Fekete-Györ, rief auf Facebook zum Boykott des Referendums auf, das er als „Bluff“bezeichnete. Laut der Demokratischen Koalition (DK) wird das Referendum erfolglos ausgehen, wofür die Partei alles unternehmen werde. Die Grünen (LMP) bezeichneten das angekündigte Referendum als „außerordentlich zynisch und empörend“. Orbán wolle neben dem Anheizen von Spannungen in der Gesellschaft von der „Pegasus-Affäre“ablenken.
Eine erste Reaktion aus der EU kam von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Ihm schwebt eine andere Abstimmung vor: „Man sollte in der EU ein Referendum darüber abhalten, ob man Orbán in der EU noch tolerieren will“, sagte er gegenüber dem „Spiegel“.