Hassverbrechen werden besser erfasst
Seit November erfasst die Polizei systematisch Delikte, bei denen Menschen wegen Ethnie, Religion, Geschlecht oder Sexualität zu Opfern werden. Das Innenministerium präsentierte den ersten Bericht zu sogenanntem Hate Crime.
„Ich weiß, wie sich das
anfühlt.“
Die Polizei in Österreich legt den Fokus auf sogenannte Vorurteilsverbrechen. Also Verbrechen gegen Menschen beispielsweise wegen ihrer Hautfarbe, Religion, Sexualität oder Behinderung, wegen ihres Geschlechts, Alters oder ihrer Weltanschauung. Dazu präsentierten am Mittwoch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der stellvertretende Direktor für öffentliche Sicherheit, Reinhard Schnakl, den ersten Bericht zu „Vorurteilskriminalität in Österreich“.
Von November bis April wurden in Österreich demnach 1936 Straftaten registriert, denen diskriminierende Motive zugrunde liegen. Im Verhältnis zur Wohnbevölkerung wurden die meisten davon in Salzburg, Oberösterreich und Vorarlberg erfasst. Am häufigsten ging es dabei um Herkunft, Weltanschauung und Religion. Die ausgeforschten Tatverdächtigen waren – verglichen mit der polizeilichen Kriminalstatistik – häufiger jugendlich, männlich mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Die Tatorte sind zum überwiegenden Teil der öffentliche Raum, gefolgt von Internet und dem privaten Bereich.
Beim Erfassungszeitraum verwiesen Nehammer und Schnakl darauf, dass dieser in den Lockdown gefallen sei und es im öffentlichen Raum weniger Begegnungen gegeben habe als sonst. „Trotzdem sind die Zahlen viel zu hoch“, sagte Nehammer. Er sprach bei der Präsentation
des Berichts von einem „wichtigen Tag auch im Hinblick auf die Sicherheitspolitik und Gesellschaftspolitik“in Österreich. Die Polizei könne nicht alle Probleme lösen, sei hier aber „der Finger in der Wunde“. Die Aufklärung solcher Verbrechen liege eindeutig bei der Polizei. Die Prävention dagegen benötige ein gesamtgesellschaftliches Zusammenwirken – von Bildungseinrichtungen, der Sozialpolitik, der Justiz und der Zivilgesellschaft. Schnakl ergänzte: In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass die Polizei hier Handlungsbedarf habe und sich den gesellschaftlichen Herausforderungen anpassen müsse. Daher sei das zusätzliche Protokollierungssystem der Straftaten eingeführt worden.
„Wir wissen, dass solche Hassverbrechen schwerer wiegen als andere Delikte, weil diese neben dem Opfer auf alle Trägerinnen und Träger derselben Gruppe abzielen – und oft die gesamte Gesellschaft davon betroffen ist.“Durch die systematische Erfassung sollen Fallmuster und Häufungen erkennbar werden. Dann könne die Polizei Schwerpunktaktionen setzen. Etwa, wenn es in einem Stadtteil verstärkt zu Hassverbrechen komme.
Wichtig sei aber auch, dass Opfer die Vorfälle auch anzeigten. Nur dann könne die Polizei handeln. Es sei beklemmend zu hören, dass Opfer sich hilflos fühlten.
Der Polizeischüler und Spitzensportler Karim Mabrouk, dessen Eltern vor 40 Jahren aus Ägypten nach Österreich kamen, sagte, es sei ihm ein großes Anliegen, sich mit Hassverbrechen zu beschäftigen. „Vor allem, weil ich selbst weiß, wie sich das anfühlt.“Er sei zwar in Wien geboren und aufgewachsen, aber immer wieder mit diskriminierendem Verhalten aufgrund von Herkunft und Religion konfrontiert. „Für mich ist es sehr wichtig, mit den Opfern zu arbeiten und auf ihrer Seite zu stehen“, sagte Mabrouk.