Privatbrauereien tun sich zusammen
Die zehn größten Brauereien in Österreich, die sich in Familienbesitz befinden, tun sich bei einem Herkunftssiegel zusammen. Es ist ein Aufstand gegen die zu Heineken zählende Brau Union.
Auf den Flaschen von zehn der größten heimischen Privatbrauereien prangt künftig das gemeinsame Logo „Österreichische Privatbrauerei – 100% unabhängig“. Damit wollen die zehn Betriebe, die sich in Familienbesitz befinden (darunter mit Stiegl und Trumer
auch zwei aus dem Bundesland Salzburg), die Konsumenten verstärkt darauf aufmerksam machen, dass bereits 62 Prozent des Biermarkts in Österreich von der Brau Union dominiert werden, die seit 2003 zum niederländischen Heineken-Konzern gehört.
„Österreichische Privatbrauerei – 100% unabhängig“: Dieses Logo prangt nun auf den Flaschen, Dosen und Kronenkorken der zehn größten heimischen Privatbrauereien. Zum Startschuss am Dienstag versammelten sich die zehn Firmenchefs von Stiegl (Salzburg), Ottakringer (Wien), Trumer (Salzburg), Zwettler, Schremser (beide Niederösterreich), Schloss Eggenberg, Freistädter (beide Oberösterreich), Murauer (Steiermark) und Hirter (Kärnten) sowie der Mohrenbrauerei (Vorarlberg) in der Bundeshauptstadt. Zu den acht Culturbrauern, die schon seit mehr als zehn Jahren kooperieren, stießen bei der Initiative nun die beiden größten Privatbrauereien Stiegl und Ottakringer dazu.
Die Konkurrenten tun sich zusammen, um sich gegen die Marktmacht der Brau Union aus Linz zu stemmen. Diese gehört seit 2003 ja zum niederländischen Heineken-Konzern, der weltweiten Nummer zwei im Geschäft mit Gerstensaft. Von der Brau Union – mit Marken wie Gösser, Zipfer, Puntigamer oder Schwechater – stammen schon 62 Prozent, also fast zwei Drittel des Biers, das in Österreich gebraut wird. Die zehn Privatbrauereien kommen dagegen zusammen gerade auf 28 Prozent Marktanteil. Zum Vergleich: Die größte Einzelmarke der Brau Union, Gösser, kommt schon auf mehr als 15 Prozent. Der Gesamtbierausstoß in Österreich beträgt knapp zehn Millionen Hektoliter, im Coronajahr 2020 sank der Absatz im Inland um vier Prozent, der Export um fast sechs Prozent, insgesamt betrug das Minus 4,2 Prozent. Brauereien mit viel Gastrogeschäft waren weit stärker betroffen als jene, die stark im Handel vertreten sind.
Ewald Pöschko, Chef der Braucommune in Freistadt, ist der Obmann des neuen Vereins der Privatbrauereien, der seit einem Jahr vorbereitet wurde: „Wenn es so weitergeht, kommen wir in eine Art Monopolsituation“, befürchtet er. „Wir wollen kein Einheitsbier.“Auch Ottakringer-Aufsichtsratschef Siegfried Menz betonte bei der Präsentation: „Wir wollen uns von den internationalen Großkonzernen abgrenzen.“
Seppi Sigl, Eigentümer der Trumer Brauerei aus Obertrum in achter Generation: „Bei so einem Thema kann man nur etwas auf die
Straße bringen, wenn man Marktrelevanz hat.“Sigl hätte am liebsten, wenn sich von den rund 300 heimischen Brauereien noch 200 dem neuen Verein anschließen. Unabhängig davon werde die Gruppe der Culturbrauer weiter zusammenarbeiten. Umgerechnet auf alle Produkte der zehn Brauereien wird das neue Logo pro Jahr rund 360 Millionen Mal in Österreich verwendet.
Stiegl-Eigentümer Heinrich Dieter Kiener ergänzt: „Die Konzentration auf dem heimischen Biermarkt wurde zuletzt durch die Übernahme von Villacher und Fohrenburger durch die Brau Union noch größer.“Die Privatbrauereien dagegen „setzen auf den mündigen Konsumenten. Bei uns steht eine konkrete Brauerei dahinter und nicht irgendwelche Fantasiemarken.“Damit spielt der Stiegl-Chef auf die jüngsten Schritte der Brau Union an, alte Marken neu zu beleben. Bestes Beispiel dafür ist das Linzer Bier, das derzeit gar nicht in Linz gebraut wird, künftig aber in der alten Tabakfabrik
in der Stahlstadt hergestellt werden soll.
Ähnliches plant die Brau Union mit dem Bürgerbräu aus Innsbruck – übrigens einer der ersten Standorte, der nach der Übernahme durch Heineken 2003 in Österreich geschlossen wurde. Gebraut werden soll das Bürgerbräu immerhin in Tirol, nämlich in der Brauerei Falkenstein in Lienz.
Für den Durchschnittskonsumenten ist all das auf den ersten Blick nicht ersichtlich, denn vermarktet werden diese Biere von der Firma Craftvoll GmbH – auch die Biere aus dem Hofbräu Kaltenhausen in Hallein.