Karriereende für den einstigen Überflieger
Der Skisprung-Rekordsieger verkündete still und leise in einem Internetblog seinen Rückzug nach 15 Jahren Spitzensport.
Gregor Schlierenzauer und der Fallwind. Der Rekordsieger im Skisprung verkündete still und leise seinen Rückzug.
Gregor Schlierenzauers Karriere begann mit einem Katapultstart. Der Tiroler ÖSV-Adler war gerade einmal 16 Jahre alt, als er zu seinem ersten Weltcupsieg flog. 52 weitere sollten folgen. Mit 18 Jahren war Schlierenzauer SkiflugWeltmeister und Gesamtweltcupsieger, mit 20 Olympiaheld und Tourneelegende. Seine revolutionäre Technik und sein unbändiger Siegeswille setzten im Springerzirkus neue Maßstäbe. Aus der Teenie-Sensation wurde ein neuer Superstar der Szene, die keine Vergleiche mit dem bis dahin größten Skispringer, dem Finnen Matti Nykänen, scheute.
Doch irgendwann verabschiedete sich die Unbeschwertheit, das breite Grinsen im Gesicht des Überfliegers. Schlierenzauer wurde zum Einzelkämpfer, auch innerhalb des ÖSV-Teams. Aus dem früheren Aufwind wurde Rückenwind, mit dem sich Skispringer bekanntlich schwerer tun. Und irgendwann wurde daraus ein Fallwind, der Schlierenzauer schließlich in die sportliche Bedeutungslosigkeit riss. Knapp sieben Jahre liegt der 53. und letzte Weltcupsieg des einstigen Superadlers zurück, in der kommenden Saison hätte er nicht einmal mehr dem ÖSV-Kader angehört, weil er die dafür geforderten Leistungen nicht erbracht hatte.
Am Dienstag zog Schlierenzauer im Alter von 31 Jahren nun einen Schlussstrich. Still und leise, ohne Medien-Tamtam und TV-Kameras, verkündete er sein Karriereende. „Es war eine einzigartige und gefühlsintensive Reise, die nun anders weitergeht“, schrieb der Tiroler in seinem Internetblog.
Die früheren Seriensiege schienen Schlierenzauer schon lange nicht mehr zu tragen, vielmehr erwiesen sie sich bei seinen zahlreichen Comeback-Versuchen als zusätzlicher Ballast. Auch war er immer wieder vom Verletzungspech verfolgt, musste die vergangene Saison vorzeitig wegen Knieproblemen beenden. „Die letzten Monate waren für mich herausfordernd. In positiver Hinsicht. Durch die Verletzungspause hatte ich ausreichend Zeit und den nötigen Abstand, um Vergangenes aufzuarbeiten und zu schauen, wo ich jetzt stehe“, erklärte Schlierenzauer seine Entscheidung, keinen neuerlichen Anlauf zurück in die Weltspitze zu wagen. „Meine aktive Karriere zu beenden ist mir nach all dem, was ich als Spitzensportler erleben durfte, nicht leichtgefallen – aber die Entscheidung fühlt sich ebenso wie der Zeitpunkt richtig an.“
Vielleicht hätte sich Schlierenzauer früher dazu entschließen müssen, vielleicht hätte er so sein Denkmal oder seinen positiven Blick auf das Skispringen besser erhalten können. Von der ÖSV-Führungsetage gab es zu seinem Abschied jedenfalls große Lobeshymnen: „Gregors außergewöhnliche Karriere ist gespickt mit Superlativen. Er hat im Grunde alles erreicht, was es zu erreichen gibt, fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Und es ist auch ihm zu verdanken, dass der Sport heute da steht, wo er ist“, meinte Sportdirektor Mario Stecher. Was Gregor Schlierenzauer nun vorhat, ließ er in seinem Blog nicht durchblicken.