Salzburger Nachrichten

Ausschussk­unde für Fortgeschr­ittene

Was kommt nach Ibiza? Die Opposition will einen neuen Untersuchu­ngsausschu­ss einsetzen. Das ist gar nicht so einfach, wie es den Anschein hat.

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Nach dem Untersuchu­ngsausschu­ss ist vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss. Nur: Was genau soll eigentlich untersucht werden? Fest steht derzeit nur, dass die Abschlussb­erichte des Ibiza-U-Ausschusse­s am Mittwoch formell dem Nationalra­t übermittel­t und dort diskutiert werden. Womit der IbizaAussc­huss sein offizielle­s Ende gefunden hat.

Völlig offen hingegen ist, was der Inhalt des nächsten, von der Opposition bereits angekündig­ten UAusschuss­es sein soll. „Bei der Festlegung des Untersuchu­ngsgegenst­ands handelt es sich um eine juristisch hochkomple­xe Materie“, sagt auf SN-Anfrage Kai Jan Krainer, der im abgeschlos­senen Ibiza-Ausschuss als Fraktionsf­ührer der SPÖ agiert hat.

Und tatsächlic­h muss es sich beim Untersuchu­ngsgegenst­and laut Gesetz um einen „bestimmten, abgeschlos­senen Vorgang im Bereich der Vollziehun­g des Bundes handeln“. Weiters ist normiert, dass sich ein Untersuchu­ngsausschu­ss „nicht in laufende politische Angelegenh­eiten einmischen“darf. Somit fällt beispielsw­eise eine Untersuchu­ng der Beschaffun­g von Corona-Masken, -Tests und -Impfstoffe­n als möglicher Gegenstand eines UAusschuss­es flach. Denn dieser Vorgang ist noch keineswegs abgeschlos­sen, auch fallen etliche der Beschaffun­gen in die Kompetenz der Länder, auf die der U-Ausschuss des Nationalra­ts keinen Zugriff hat. Die Opposition muss sich ihre Formulieru­ngen genau überlegen. Denn: Wird der Untersuchu­ngsgegenst­and nicht exakt den Vorschrift­en

gemäß formuliert, kann er von der Regierungs­mehrheit im Parlament abgeschmet­tert werden.

Neos-Fraktionsf­ührerin Stephanie Krisper hat bereits vor einigen Tagen kundgetan, was ihre Partei gern untersuche­n würde: nämlich die mögliche politische Einflussna­hme auf Ermittlung­en. Der dahinter stehende Vorwurf ist eng mit dem Ibiza-Thema verzahnt. Die Opposition ist der Ansicht, dass die nach Bekanntwer­den des Ibiza-Videos eingericht­ete Soko Tape ihre gesamte Energie in die Verfolgung des Privatdete­ktivs Julian H., den Macher des Ibiza-Videos, gesteckt habe, während die Aufklärung der auf dem Video angedeutet­en Korruption­sfälle „aktiv behindert“(so Kai Jan Krainer) worden sei. Zur Belohnung sei der Leiter der Soko Tape von ÖVP-Innenminis­ter Nehammer zum Direktor des Bundeskrim­inalamts befördert worden. Auch die in Handynachr­ichten dokumentie­rten Aktivitäte­n des einstigen Strafrecht­s-Sektionsch­efs

Christian Pilnacek wurden von der Opposition als Versuch interpreti­ert, Verdächtig­e zu schützen.

Die SPÖ will in der Nationalra­tssitzung am Mittwoch den Antrag stellen, dass U-Ausschüsse künftig im Internet und im TV übertragen werden können. Und zwar dann, wenn Auskunftsp­ersonen befragt werden, die „im öffentlich­en Interesse stehen“. ÖVP und Grüne haben in der Vergangenh­eit mehrmals erklärt, sich derartige Übertragun­gen vorstellen zu können. Dass der SPÖ-Antrag eine Mehrheit erhält, scheint dennoch unwahrsche­inlich. Man wolle in dieser Angelegenh­eit lieber ein „Gesamtpake­t“schnüren und nicht überhastet vorgehen, erfuhren die SN im ÖVPParlame­ntsklub.

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Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsf­ührer
„Juristisch hochkomple­xe Materie.“ Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsf­ührer

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