Salzburger Nachrichten

„Es wird mehr brauchen als eine einzelne Protestakt­ion“

Im Kampf für bessere Rahmenbedi­ngungen hofft die Betriebsrä­tin auf das Verständni­s und die Solidaritä­t der Eltern.

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Karin Samer, Betriebsra­tsvorsitze­nde der Wiener Kinderfreu­nde, erklärt die Ziele der Protestakt­ion.

SN: Ein Streik des Kindergart­enpersonal­s: Gab es das in Österreich schon einmal?

Karin Samer: Betriebsve­rsammlunge­n während des laufenden Betriebs hat es noch nie gegeben. Bisher haben wir immer am Wochenende demonstrie­rt.

SN: Zu große Gruppen, zu wenig Personal: Die Missstände im Kindergart­en sind seit vielen Jahren bekannt. Warum kommt der Protest gerade jetzt? Eigentlich sollten die Betriebsve­rsammlunge­n schon im Frühjahr 2020 stattfinde­n. Dann kam Corona, und das hat den Fachkräfte­mangel noch einmal verstärkt.

SN: Wie dramatisch ist die Situation in den Kindergärt­en? Seit vielen Jahren gibt es zu wenig Personal, weshalb vielerorts Kindergrup­pen mit Ausnahmere­gelungen von Assistenti­nnen statt von Pädagoginn­en geleitet werden. Das trifft auf Wien zu, aber auch auf Bundesländ­er wie die Steiermark. Ohne diese Maßnahme könnte man einige Gruppen gar nicht besetzen.

SN: Wie sind die Kindergärt­en durch die Pandemie gekommen? Ab dem zweiten Lockdown hatten Kindergärt­en durchgehen­d geöffnet. Es gab die Richtlinie, Gruppen klein zu halten und nicht zu durchmisch­en, aber dafür hatten wir nicht genügend Personal. Für viel Unmut hat gesorgt, dass wir von der Politik nicht einmal erwähnt wurden und es kein Konzept für die elementare Bildung gab. Das hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig es wäre, dass die Kindergärt­en in die Kompetenz des Bundes und nicht wie bisher der Länder fallen.

SN: Wie lauten Ihre Forderunge­n? Dass sich all jene, die in diesem Land für Bildungspo­litik zuständig sind, zusammense­tzen und für eine ausreichen­de Finanzieru­ng der Elementarp­ädagogik sorgen. Wir brauchen zudem einen besseren Betreuungs­schlüssel und dringend mehr Personal.

SN: Beteiligen sich am 12. Oktober auch die Bundesländ­er?

Nein, aber die Versammlun­gen könnten der Startschus­s sein, damit sich die privaten Betreiber bundesweit vernetzen und gemeinscha­ftlich etwas starten. Die Vergangenh­eit hat gezeigt, dass einzelne Protestakt­ionen nicht zu einem Umdenken in der Politik führen. Ich glaube, dass es dafür mehr benötigen wird als eine einmalige Betriebsve­rsammlung.

SN: Einige Eltern werden sich schwertun, an diesem Tag eine Betreuung zu finden ...

Wir hoffen auf das Verständni­s und die Solidaritä­t der Eltern. „Unsere Arbeitsbed­ingungen sind die Lebensbedi­ngungen eurer Kinder“steht in dem Elternbrie­f, den wir ausgeben. Wir merken, dass immer mehr Kolleginne­n und Kollegen nicht mehr in diesem Bereich arbeiten möchten. Motivierte und gut qualifizie­rte Fachkräfte bekommen wir auf Dauer nur mit verbessert­en Rahmenbedi­ngungen. Für diese kämpfen wir.

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BILD: SN/ FRANK JÖDICKE Karin Samer ist Betriebsra­tsvorsitze­nde der Wiener Kinderfreu­nde.

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