Ein Rolling Stone sucht nach seinen Wurzeln
Bevor die Stones wieder auf Tour gehen, hat Gitarrist Ron Wood ein Verneigungsalbum veröffentlicht.
Das große Trauerbild ist mittlerweile wieder von der Homepage der Rolling Stones verschwunden. Nach dem Tod von Charlie Watts im August hatte mehrere Wochen lang ein schwarz-weißes Porträt des Schlagzeugers die ganze Seite ausgefüllt. Alle Menüpunkte, auch jener mit den Terminen für die geplante Herbst-Tournee, blieben darunter verdeckt.
Jetzt aber scheint die Frage geklärt zu sein, die in vielen Nachrufen gestellt worden war: Nein, die Stones legen keine lange Trauerpause ein. Für Oktober ist im Netz die Jubiläums-Box ihres Albums „Tattoo You“mit neun noch unveröffentlichten Songs angekündigt. Und die 13 Konzerte ihrer „No Filter“-Tour sollen nach Plan stattfinden. Am nächsten Sonntag (26. 9.) stehen die Stones in St. Louis erstmals mit Schlagzeug-Einspringer Steve Jordan auf der Bühne.
Parallel dazu hat Gitarrist Ronnie Wood soeben ein solistisches Lebenszeichen
gegeben: Am Wochenende ist das Livealbum „Mr. Luck“erschienen, für das er mit seiner eigenen Band und Gästen auf Wurzelsuche gegangen ist.
Der Blues war in den 1960er-Jahren die Musik, aus der Bands wie die Stones oder die Faces die meiste Inspiration schöpften. Doch während sie mit der frisch angeeigneten Musik eine ganze Generation in Aufregung versetzten, blieben viele ihrer Vorbilder unbedankt.
Wood zollt auf einem Album nun dem Sänger und Gitarristen Jimmy Reed Tribut. Er sei eine der immer wieder übersehenen Größen der Bluesgeschichte, sagte Wood dem US-Magazin „Rolling Stone“: Während im Rückblick „alle über Muddy Waters, Howlin’ Wolf und Buddy Guy reden“, werde Reed immer noch wenig gewürdigt. Das liege auch an den verborgeneren Qualitäten
seiner Songs: „Viele denken, dass sie alle den gleichen Beat haben, aber sie sind ganz eigene Charaktere, jeder auf seine Art.“
Wenn Wood mit seiner Band Songs wie „Mr. Luck“oder „Baby What You Want Me To Do“interpretiert, klingt das immer wieder herzlich raubeinig. Das wiederum hat mit Woods Charakteristika als Sänger und Gitarrist zu tun: „So bin ich eben“, sagt er in dem Interview.
Geschliffene Kontraste zum beseelt rumpelnden Sound schaffen in dem Mitschnitt, der 2013 in der Royal Albert Hall aufgenommen wurde, Gäste wie Paul Weller und Mick Hucknall. Und als Experten für Delikates hat Wood einen ehemaligen Rolling Stone hinzugezogen: Gitarrist Mick Taylor, der den Sound der Stones von 1969 bis 1974 um viele Feinheiten bereichert hatte, sticht auch auf Woods Album als nobler Bluesmann heraus.