Das Loblied auf die heimischen Gletscher
Einst war im Skisport eine Saisonvorbereitung ohne Trainingskurse in Südamerika und Neuseeland undenkbar – heuer trainieren alle Teams auf den Gletschern in den Alpen.
Es gab eine Zeit, da schien die Zukunft des alpinen Ski-Weltcups auf der Südhalbkugel zu liegen. Es war in den Achtzigerjahren, als Marketingexperten dachten, man könne aus dem Skisport einen Ganzjahressport machen. An die Weltcup-Auftakte im August in Las Leñas (ARG/1985 bis 1987), Thredbo (AUS/1989) oder Mount Hutt (NZL/1990) erinnern sich heute nur noch ältere Semester. Doch die Skigebiete waren jahrzehntelang unersetzbar – als Trainingsstrecken für alle großen Nationalteams im August.
Doch auch das ist – wegen Corona – längst Geschichte. Der ÖSV, der jahrelang mit den Technikern in Neuseeland und den Abfahrern zuletzt in Ushuaia (ARG) trainiert hat, bereitet sich auf den Saisonstart in genau einem Monat in Sölden durchwegs auf den heimischen oder Schweizer Gletschern vor – und findet das großartig.
Dabei sei man wegen Corona sogar ein bisschen zum eigenen Glück gedrängt worden. „Im Vorjahr haben wir dann erst erkannt, welche Möglichkeiten wir vor der Haustür haben“, meinte Cheftrainer Andreas Puelacher. So habe man in Hochgurgl sogar eine eigene gesperrte Abfahrtsstrecke hinbekommen. In der Vorwoche kam man in den Genuss eines Gletschers zur Privatnutzung – vor Beginn der Skisaison hat man den Pitztaler Gletscher dem ÖSV zum Training zur Verfügung gestellt.
„Besser geht es nicht mehr“, meinte Puelacher, der sich neben perfekten Pisten über eine Woche Sonnenschein gefreut hat.
„Das Training auf den heimischen Gletschern hat den Vorteil, dass man viel flexibler ist“, meinte Kombi-Weltmeister Marco Schwarz. „Je nach Wetter verschiebt man halt den Trainingskurs um zwei, drei Tage nach vorn oder nach hinten.“Das sei halt das größte Problem in Südamerika gewesen. „Wir waren meist drei Wochen dort, haben drei Tage zum Akklimatisieren gebraucht und wenn dann das Wetter eine Woche schlecht war, dann war der halbe Trainingskurs vorbei“, meinte Puelacher. Damen-Cheftrainer Christian Mitter war mit dem Abfahrtstraining in Ushuaia im Feuerland an der Südspitze Argentiniens aus einem anderen Grund nie ganz glücklich. „In Ushuaia bist du halt am Ende der Welt. Das ist beim Training grundsätzlich noch egal, aber wenn etwas passiert und du schnell medizinische Hilfe brauchst, dann weißt du erst, wo du wirklich bist.“
Der ÖSV bereitet sich mit den Technik-Teams derzeit abwechselnd im Pitztal und in Sölden vor, die Abfahrer weichen nach SaasFee und Zermatt aus – wo sich derzeit aber die Teams fast auf die Füße steigen. Denn zumindest die USA, die Franzosen und die Italiener hätten ihre Abfahrts-Camps in Argentinien geplant, bekamen aber wegen Corona im letzten Moment keine Einreiseerlaubnis und sind jetzt auch in Zermatt.
Dem Start in Sölden (23., 24. Oktober) blickt Puelacher entspannt entgegen, auch weil Stefan Brennsteiner und Marco Schwarz (WMBronze) das Loch im Riesentorlauf zugefahren haben. „Ich sage jetzt nicht, dass wir Favoriten sind, aber wir sind in einer guten Position.“
„So sind wir viel flexibler im Training.“