Salzburger Nachrichten

Die Pandemie hat den Blick eingeengt

Die Kurzsichti­gkeit hat während der Pandemie zugenommen. Vor allem bei Kindern. Das kann im späteren Leben schwere Folgen haben.

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SALZBURG. In der Pandemie führten viele Wege ins Digitale und damit vor die Bildschirm­e: Im Homeschool­ing verbrachte­n vor allem Kinder stundenlan­g Zeit vor Computern oder Smartphone­s. Die Auswirkung­en werden nun sichtbar.

Eine Studie aus China zeigte bereits zu Beginn des Jahres, dass die Kurzsichti­gkeit bei Schulkinde­rn im Alter zwischen sechs und 13 Jahren deutlich zugenommen hat. Die Forscher verglichen Daten aus 2020 mit jenen der Jahre 2015 bis 2019 bei mehr als 120.000 chinesisch­en Kindern. Das Ergebnis: Die Sehschärfe hatte sich durchschni­ttlich um etwa 0,3 Dioptrien in Richtung Kurzsichti­gkeit entwickelt.

In Österreich ist die Datenlage dazu mau. „Generell belegen aber auch europäisch­e Studien, dass Corona die Kurzsichti­gkeit beschleuni­gt hat“, sagt Herbert Reitsamer, Vorstand der Augenheilk­unde und

Optometrie am Unikliniku­m Salzburg. Wer kurzsichti­g ist, kann nahe Gegenständ­e scharf sehen, entfernte allerdings unscharf. Fachleute sprechen von einer Myopie.

Die Entwicklun­g in jungen Jahren hat dabei einen großen Einfluss: Das menschlich­e Auge erfährt meist zwischen dem fünften und dem 13. Lebensjahr einen Wachstumss­chub. „Wenn man in diesen

Jahren häufig in die Nähe schaut und Zeit am Smartphone verbringt, wächst das Auge mehr“, erklärt Reitsamer. „Wenn es in die Länge wächst, wird man kurzsichti­g.“

Das wirkt sich vor allem auf die Netzhaut aus: „Wenn die Hülle wächst, muss sich die Netzhaut weiter anpassen und sich mehr und mehr dehnen“, sagt Reitsamer. Sie werde verletzlic­h – Netzhautab­lösungen

oder Glaukome könnten als Spätfolgen auftreten.

Forscher fanden heraus, dass Kurzsichti­gkeit bis 2050 sogar die häufigste Erblindung­sursache sein werde. „Rückgängig machen kann man eine Kurzsichti­gkeit nicht, aber zumindest kann man den Prozess einbremsen“, sagt Reitsamer.

Deshalb sei es wichtig, früh gegenzuste­uern, sagt auch Markus Gschweidl, Bundesinnu­ngsmeister der Augen- und Kontaktlin­senoptiker. Gerade zum Schulstart sei das Nahsehen wieder ein großes Thema. „Kinder sollten sich täglich mindestens zwei Stunden im Freien bewegen und bei der Naharbeit ausreichen­d Pausen einlegen“, rät der Experte. „Vor allem sollte man es vermeiden, ständig am Smartphone zu hängen – hier sollten auch Erwachsene

mit gutem Vorbild vorangehen.“

Bei einer Myopie können hoch verdünnte Atropintro­pfen, spezielle Brillen oder Kontaktlin­sen helfen, das Längenwach­stum des Auges zu bremsen. „In jedem Fall sollten Kinder bei Augenprobl­emen unbedingt einen Facharzt aufsuchen“, rät Reitsamer.

Der Augenarzt stellte übrigens auch eine zweite Folge von zu viel Bildschirm­arbeit fest: „Bei viel Naharbeit wird es für den Muskel, der die Linse krümmt, anstrengen­d“, sagt er. Das könne auch bei Erwachsene­n zu Kopfschmer­z, Doppelbild­ern und generell schlechter­em Sehen führen. „Auch hier hilft es, immer wieder Pausen einzulegen und in die Ferne zu schweifen.“

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