Das unerbittliche Sonnenleuchten „The Sunlit Night“: Eine Künstlerin reist zur Selbstfindung nach Norwegen.
Soeben hat der reiche Freund von Frances (gespielt von Jenny Slate) mit ihr Schluss gemacht. Da rückt Frances’ Schwester damit raus, frisch verlobt zu sein, was Papa zu einem Zornausbruch gegen den Verlobten provoziert. Und dann sagt Papa: „Und im Übrigen, eure Mutter und ich trennen uns.“
Es ist für die junge Malerin Frances also der richtige Moment in „The Sunlit Night“, ihr chaotisches New Yorker Zuhause hinter sich zu lassen und mit beiden Händen die Chance eines Arbeitsstipendiums in Norwegen zu ergreifen, das ihr angeboten wurde. Allerdings ist das Stipendium nicht in Oslo, sondern auf den Lofoten, wo im Sommer die Sonne nie untergeht. Und streng genommen ist es auch kein Arbeitsstipendium, sondern eine unterbezahlte Stelle als Assistentin eines einsilbigen norwegischen Künstlers, der Unterstützung dabei braucht, einen Heustadel in eine Kirche der Sonne zu verwandeln.
Der grantige Norweger und die unaufhaltsam plaudernde New Yorkerin – da könnte sich schon einiges an Figurenentwicklung ergeben.
Dass Frances dabei dann eine potenzielle neue Liebe in Gestalt des um seinen Vater trauernden Bäckersohns Yasha (Alex Sharp) in die Arme läuft, dass neben dem Stadel ein Wikingermuseum mit einem albern ernsthaften Touristenguide (Zach Galifianakis) steht, dass Yashas mondäne Mama (unfassbarerweise: Gillian Anderson) mit ihrem Mann (Justus von Dohnányi) auftaucht, ist dann irgendwie zu viel, und doch nicht vermeidbar. Bei „The Sunlit Night“handelt es sich nämlich um die Verfilmung des Debütromans der Journalistin Rebecca Dinerstein. Sie selbst hat das Drehbuch geschrieben und war offenbar nicht bereit, auf etwas zu verzichten, sodass sich selbst Stars wie Anderson mit minimalen Rollen begnügen müssen. Der Film ist das englischsprachige Debüt des Deutschen David Wnendt, dessen bisherige Filme („Kriegerin“, 2011, „Feuchtgebiete“, 2013, „Er ist wieder da“, 2015) alle unverwechselbar sind. 2017 kam ein „Tatort“, und 2019 eben „The Sunlit Night“, der auf eine sympathische Weise bloß dahinmäandert. Das Problem liegt nicht bei Hauptdarstellerin Jenny Slate, auch vieles an der Inszenierung ist stimmig. Es ist jedoch ein hektisches Zuviel an Themen, Familie, Tod, Identität, Liebe, Freiheitssuche und ein Bekenntnis zu dem, was ein Mensch wirklich sein will, all das kommt vor, mit dem Kunst-Wollen der Protagonistin als darübergestülpter Metapher. Die Kunst bleibt jedoch auf Postkartenniveau. Leuchtend sind nur der SonnenHeustadl und die Katze, die in New York darauf wartet, abgeholt zu werden.
Film: