Allen gefallen, das wollte er nicht
Folk-Legende Jack Grunsky geht auf eine kleine Tour. Er zählte in den frühen Jahren von Austropop und Ö3 zur Elite und zog die Notbremse.
Vielleicht war es die Botschaft in einem eigenen Song, die ihn nachdenklich gemacht hat: „Catherine auf Zeitschriftenbildern, Catherine auf jedem Plakat/Sie gehört allen, will allen gefallen/Und blickt doch auf alle herab, auf alle herab.“Jack Grunsky wurde nicht wie seine Fantasiefigur Catherine. Aber er stand knapp davor.
Im fernen Jahr 1974 zog der in Graz geborene, in Toronto und Linz aufgewachsene Sänger, Songwriter, Bandleader, und Radiomoderator noch vor seinem Dreißiger die Notbremse. Sechs aufregende Jahre seit der Gründung der Folk-Gruppe Jack’s Angels lagen hinter ihm und sein Ehrenplatz in der österreichischen Musikgeschichte war damals schon sicher. Seine vom traditionellen US-Folk (Woody Guthrie, Bob Dylan, Peter, Paul & Mary) inspirierten Lieder erreichten ein großes Publikum.
Grunsky zog einen Strich auch unter die Radiosendung „Folk mit Jack“, ein musikalisches Juwel im noch jungen Sender Ö3. Er fing in seiner zweiten Heimat Kanada ein ruhigeres Leben an. Er machte sich mit Kinderliedern einen guten Namen mit vielen Auszeichnungen auch in den USA.
Den Kontakt zu Freunden und Fans in Österreich hat Jack nie aufgegeben. So beginnt am kommenden Montag im Salzburger Jazzit wieder eine seiner kleinen, feinen Touren. Kein Wiedersehen gibt es bei seinem Österreich-Besuch mit Angels-Sängerin Claudia Pohl. Sie verstarb heuer im Frühsommer.
„Es wird einiges vom alten Jack geben, natürlich den ,Train Station Blues‘ und die Catherine und Neues. Ich schreibe immer noch Songs, hauptsächlich für Kinder, aber auch für Erwachsene. Meine Tochter Cosima begleitet mich, auch auf der Bühne“, schildert Grunsky vor seinem Abflug nach Österreich in Toronto und plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen.
„Es ist alles anders gekommen, als es sich zunächst entwickelt hatte. Es war nicht leicht, alles zurück zu lassen. Meine Frau Hertha und ich haben lange überlegt. Es war schön. Der Erfolg mit den Angels und dann solo. Wir spielten in großen, vollen Hallen. Aber parallel liefen die Plattenverkäufe nicht nach Wunsch der Produzenten. Sie wollten mehr verkaufen und mich in Richtung Schlager groß herausbringen. Aber dagegen habe ich mich gesträubt. Ich wollte kein Schnulzensänger werden.“
Die Schlagerschiene hätte wahrscheinlich viel Geld gebracht. Beispiele von hochkarätigen Musikern, die mit seichter deutscher Kost den Markt erobert haben, gab es genug. Etwa Bill Ramsey, Nana Mouskouri, Adamo. Ob es die richtige Entscheidung war? „Es waren zunächst harte Jahre in Kanada. Hertha und ich haben zusammengehalten. Wir sind jetzt 52 Jahre verheiratet und glücklich mit zwei Töchtern und fünf Enkelkindern. Mit den Kinderliedern hatte sich für mich ein ganz neues Tor geöffnet.“
Erinnerungen gibt es viele. Etwa an das Jahr 1968, als er mit den Angels Joan Baez am Flughafen Schwechat abgeholt hat. Der Weltstar bevorzugte statt der bereitgestellten Luxuslimousine den klitzekleinen Puch 500 der Gruppe. Zu fünft auf engstem Raum ging es in Richtung Konzerthaus. „Wir hatten großen Spaß und beim Konzert durften wir hinter dem Bühnenbereich Platz nehmen. Bei der Zugabe ,We Shall Overcome‘ hat Joan mich zum Mitsingen nach vorn geholt.“
Oder die Produktion seines Meisterwerks „Toronto“im Jahr 1970 in London gemeinsam mit der Blues-Legende Alexis Korner und mit Mick Taylor, dem damaligen Gitarristen der Rolling Stones. „Catherine“, ursprünglich wie alles von Jack in Englisch geschrieben, ist auf „Toronto“zu hören. Das Lied brachte auch dem damals vor allem als Ö3Moderator bekannten André Heller einen frühen Hit. In deutscher Sprache. Übersetzt hatte Reinhard Mey, der in vielen Lexika fälschlich als Autor des Songs genannt wird.
Termine: 27. 9., Salzburg (Jazzit); 28. 9., Linz (Posthof); 3. 10., Wien (Porgy & Bess); 5. 10., Hall (Stromboli); 8. 10., Graz (Volkshaus).
„Ich wollte nicht als Schnulzensänger groß herauskommen.“
Jack Grunsky, Songschreiber