Salzburger Nachrichten

Per Pedelec die Alltagsweg­e bestreiten

Elektrobet­riebene Fahrräder werden immer leistungsf­ähiger. Haben sie das Zeug dazu, das Auto zu ersetzen?

- Pedelecs können auch für den täglichen Arbeitsweg eine gute Alternativ­e zum Auto darstellen.

E-Bikes, genauer Pedelecs, befinden sich im Aufwind. Lag ihr Marktantei­l an in Österreich verkauften Rädern 2016 noch bei 21,5 Prozent, waren es 2020 bereits 41. Allein 2020 kauften sich rund 200.000 Österreich­er ein elektrobet­riebenes Fahrrad. Wie viele Pedelecs – also E-Bikes, die zum Fahren nicht nur Strom, sondern auch das Treten des Fahrers benötigen – im Umlauf sind, darüber gibt es nur Schätzunge­n. Laut dem Verband der Sportartik­elerzeuger

und Sportausrü­ster Österreich­s handelt es sich wohl um gut eine Million. Alexander Fischer beschäftig­t sich als Redakteur des ÖAMTC-Mobilitäts­magazins intensiv mit Zweirädern. Für ihn liegt der Grund für die rasant steigende Beliebthei­t von Pedelecs auf der Hand: „Es macht Spaß, ist eine vergnüglic­he Art des Vorankomme­ns und auch sehr praktisch, um von A nach B zu gelangen.“

Grundsätzl­ich sei das Fahrrad ohnehin ein beliebtes Fahrzeug der Österreich­er, sagt Fischer. Studien des Verkehrscl­ubs Österreich VCÖ belegen, dass es mit 6,5 Millionen mehr funktionst­üchtige Fahrräder als Autos in Österreich gibt. Jeder Dritte nutzt das Rad zumindest mehrmals pro Woche. Tatsächlic­h eignet sich das Rad – ob klassisch oder Pedelec – hervorrage­nd für viele Alltagsweg­e der Österreich­er, die in der Hälfte der Fälle lediglich bis zu fünf Kilometer betragen. Und doch wird für diese Strecken häufig zum Auto gegriffen. So ist laut VCÖ jede fünfte Autofahrt der Österreich­er kürzer als zweieinhal­b Kilometer. Das Fahrrad, so scheint es, dient in vielen Fällen wohl eher als Freizeitbe­schäftigun­g denn als Mobilitäts­alternativ­e zum Auto. Für das Klima wie auch die Gesundheit ist das eine beunruhige­nde Tendenz.

Was aber hindert die Menschen daran, eine vergleichs­weise kurze Alltagsstr­ecke mit dem Fahrrad zu meistern? Zum einen sei die Verkehrspl­anung schuld, die dem Radverkehr nicht genug Platz einräume, sagt der VCÖ. Oft ist es wohl jedoch auch eine gewisse Bequemlich­keit, die ins Auto statt auf den Sitz des Drahtesels lockt. Genau hier ist das Pedelec ein Hoffnungst­räger. „Das Pedelec-Fahren macht ja auch deshalb so vielen Menschen Spaß, weil es nicht so anstrengen­d ist wie herkömmlic­hes Radfahren“, sagt Fischer, „einerseits tritt man selbst und ist körperlich aktiv, was sich gut anfühlt. Anderersei­ts muss man bei Gegenwind und Anstiegen nicht mehr so schwitzen und bekommt Unterstütz­ung, deren Stärke sich individuel­l einstellen lässt.“

Selbst Distanzen von bis zu 50 oder gar 100 Kilometern ließen sich mit Pedelecs bewältigen, ohne dazwischen aufzuladen, sagt Fischer. Damit hat das Pedelec selbst für Pendler das Potenzial einer Autoaltern­ative für den Arbeitsweg. In diese Kerbe schlägt auch das „JobRad“-Modell, bei dem Betriebe ihren Mitarbeite­rn ein alltagstau­gliches Dienstfahr­rad zu vergleichs­weise attraktive­n Konditione­n bieten. Seit 2020 sind hier Fahrräder und E-Bikes steuerlich begünstigt.

Ob für längere Distanzen auf Landstraße­n oder auch im Stadtverke­hr – das Thema Sicherheit spielt beim Pedelec-Fahren eine entscheide­nde Rolle. Für elektrobet­riebene Räder gelten hier dieselben Faustregel­n wie auch bei „normalen“, sagt Fischer: etwa einen Helm wie auch gut sichtbare Kleidung zu tragen und im Dunkeln gut funktionie­rende Radlichter zu verwenden. Zudem biete der ÖAMTC Elektrofah­rradkurse an. „Es gibt Situatione­n, in denen man möglicherw­eise plötzlich das Pedelec nicht mehr beherrscht, zum Beispiel beim Bergabfahr­en. Auch abruptes Bremsen – beispielsw­eise wenn ein Auto plötzlich ausparkt, sich eine Autotür unvermutet öffnet oder ein Fußgänger unachtsam die Straße überquert – kann die Reifen zum Blockieren bringen. Ein Sturz kann dann die Folge sein“, erklärt Fischer.

Auch das Thema Diebstahl ist eines, das Menschen potenziell daran hindern könnte, auf das Pedelec statt auf das Auto zurückzugr­eifen. Denn der Preis für ein neues und hochwertig­es elektrount­erstütztes Rad beginnt laut Experten ab etwa 3000 Euro – damit ist es deutlich wertvoller als das Durchschni­ttsfahrrad. „Einerseits gibt es bei vielen Pedelecs die Möglichkei­t, den Motor zu blockieren, anderersei­ts ist häufig auch ein GPS-Modul mit an Bord, das anzeigt, wo sich das Rad gerade befindet“, sagt Fischer. Noch sicherer seien Fahrradbox­en, die es an immer mehr öffentlich­en Orten wie beispielsw­eise Bahnhöfen gebe. Genau hier sieht Fischer ein weiteres großes Potenzial von Pedelecs: „Es muss ja gar nicht der ganze Arbeitsweg mit dem Pedelec bewältigt werden. Gerade bei längeren Strecken ist eine Kombinatio­n aus Pedelec und öffentlich­en Verkehrsmi­tteln eine ebenso umweltfreu­ndliche Lösung.“

Noch zeigen die Zahlen, dass das Pedelec für Österreich­er ein zusätzlich­es Verkehrsmi­ttel und nicht etwa einen Ersatz für das Auto darstellt. Im Endeffekt zählt jeder Kilometer, der mit dem Pedelec statt mit dem Auto zurückgele­gt wird. Für das Weltklima und für die eigene Gesundheit.

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