Das Wochenende, an dem alles anders ist
Mit einem normalen Golfturnier hat der Ryder Cup nichts zu tun: 500 Millionen TV-Zuseher.
Die Etikette ist im Golfsport (fast) alles – selbst hüstelnde Zuschauer sind da undenkbar. Nur an einem Wochenende ist alles anders: Beim Ryder Cup wird gepfiffen, gejohlt, der Gegner auch schon einmal verhöhnt – beim Golfduell der Kontingente herrscht Stimmung wie bei einem Fußball-Derby.
Die Idee zu dem Vergleich zwischen den besten Golfern der USA und Großbritanniens hatte der britische Samenhändler Samuel Ryder, der 1927 auch den eher unscheinbaren Pokal (im Bild) gespendet hat. Unscheinbar war der Bewerb auch über viele Jahrzehnte: Die USA zertrümmerten regelmäßig die Konkurrenz von der Insel und so war das Interesse nicht allzu groß. Bis die US-Golflegende Jack Nicklaus die Idee hatte, doch Großbritannien durch das Team Europa zu ersetzen.
1979 trat man in der Konstellation erstmals an, seit damals gewann Europa elf Mal, die USA neun Mal – und das obwohl die Europäer in der Addition der Weltranglistenplätze immer schlechter eingestuft waren. Das ist auch heuer so, bei den USA kommt ein Ranglistenschnitt von neun heraus, bei Europa nur Platz 30. Doch die Favoritenrolle ist bei diesem Vergleich nicht aussagekräftig, eher die taktische Finesse der beiden Kapitäne, die nach eigenem Ermessen ihre Teams zusammenstellen.
Dazu kommt auch eine ganz andere Spielweise: Der Bewerb wird im Matchplay-Modus ausgetragen, also im direkten Duell. Am Ende ist nicht der Score aller Spieler ausschlaggebend, sondern welches Team oder welcher Einzelspieler sich im Duell durchsetzt. Und da spielen oftmals Nerven und Druck die größere Rolle.
Welche Bedeutung der Ryder Cup, der sich nach Eigendefinition als fünftgrößte Sportveranstaltung der
Welt sieht, mittlerweile einnimmt, das belegen Zahlen von der letzten Auflage
2018 im Großraum Paris: 500 Millionen TVZuseher waren in 183 Ländern weltweit dabei, 270.000 Fans waren vor Ort und die kamen aus 90 verschiedenen Ländern. Rund 250 Millionen Euro wurden an diesem Wochenende mit der Veranstaltung umgesetzt. Das wird an diesem Wochenende in der beschaulichen Ortschaft Kohler, deren Name von einer Auswandererfamilie aus dem Bregenzerwald abgeleitet ist, in Wisconsin anders sein, nur 40.000 Zuschauer sind coronabedingt zugelassen – und das wohl ausschließlich US-Amerikaner.
Für den Ryder Cup 2023 hatte sich auch Österreich mit dem GC Fontana (Oberwaltersdorf) beworben. Den Zuschlag bekam Italien: Da wird vor dem Privatschloss der Unternehmerfamilie (Laura) Biagiotti bei Rom gespielt.