Evergrande lässt auch Alan zittern
Der frühere Publikumsliebling von Red Bull Salzburg will mit China zur Weltmeisterschaft – die drohende Pleite eines Immobilienkonzerns stellt nun aber seine sportliche Zukunft infrage.
260 Milliarden Euro Schulden plagen den chinesischen Immobilienriesen Evergrande. Die Turbulenzen des Konzerns könnten laut Ökonomen die gesamte chinesische Volkswirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Im Fußball wäre der von Evergrande finanzierte Spitzenclub Guangzhou FC betroffen. Der vielfache Meister ist bereits seit Jahren hochverschuldet.
Mittendrin im Chaos bangt ein früherer Star von Red Bull Salzburg: Der brasilianische Stürmer Alan spielt seit seinem Abgang von Österreichs Serienmeister 2015 mit kurzen Unterbrechungen bei Guangzhou. Der mittlerweile 32Jährige und seine Familie fühlen sich wohl in China. 2019 nahm er die Staatsbürgerschaft des Landes an, im heurigen Frühjahr debütierte Alan für die chinesische Nationalmannschaft und träumt seither vom Erreichen der WM-Endrunde 2022. Bei einer Insolvenz wäre er mitten in der laufenden Qualifikation vereinslos.
Salzburg-Anhänger erinnern sich: Als Alan zwischen 2010 und 2015 Tore in Serie für die Bullen erzielte (93 in 129 Pflichtspielen), wurden Pläne für seine Einbürgerung in Österreich gewälzt – bis sein Abgang um elf Millionen Euro Ablöse das Thema hinfällig machte.
In China ist Alan nicht der einzige naturalisierte Spieler. Auch seine Landsleute Ricardo Goulart, Elkeson und Fernandinho wurden eingebürgert und erhielten sogar chinesische Namen (Gao Late, Ai Kesen und Fei Nanduo). Bei Alan wurde kurzerhand „A Lan“aufs Trikot gedruckt.
Verbandspräsident Chen Xuyuan erklärte die Motive: „Wir wollen zur WM nach Katar. Eingebürgerte Spieler können dazu beitragen, dieses Ziel für die Nationalmannschaft kurzfristig zu erreichen.“Dass vor allem Guangzhou Evergrande dabei sehr aktiv war, kommt nicht von ungefähr. Der Club unterhält enge Beziehungen zum nationalen Fußballverband und gilt als „heimliche Nationalmannschaft“. Vor diesem Hintergrund wurden sogar Stars an direkte Konkurrenten verkauft wie 2016 Elkeson an
Shanghai SIPG: „Um die internationale Konkurrenzfähigkeit chinesischer Clubs zu verbessern und im Sinne der nationalen Ehre“, begründete Guangzhou damals den überraschenden Transfer.
Hauptsächlich hat der Club aber Geld ausgegeben, und das nicht zu knapp. Mit Evergrande-Millionen waren neben den Transfers auch üppig dotierte Verträge für Startrainer wie Luiz Felipe Scolari oder
Marcello Lippi möglich. Daneben begann der Konzern den Bau des größten Fußballstadions der Welt. Die wie eine Lotusblüte geformte Arena soll 100.000 Zuschauer beherbergen können. Seit Monaten ruhen nun die Bauarbeiten.
Wie geht es nun mit dem taumelnden Fußballclub weiter? Befürchtet wird, dass die Stars bei einem Clubkollaps das Land verlassen und dann auch für das Nationalteam nicht mehr zur Verfügung stehen. Wahrscheinlicher ist ein Modell wie bei Ligakonkurrent Tianjian Quanjian, der nach dem Ausstieg des Hauptsponsors 2019 unter Aufsicht des lokalen Sportbüros gestellt wurde. Funktionäre des Guangzhou FC haben vor wenigen Tagen die Provinzregierung um Übernahme ihres Clubs gebeten.
Die große Party im chinesischen Fußball ist auch andernorts vorbei: Wegen Corona pausiert die Super League bereits seit Mitte August. Nicht nur Österreichs Teamspieler Marko Arnautovic hat sich deshalb aus der Liga verabschiedet. Und Chinas Nationalspieler einschließlich Ex-Salzburger Alan kommen Anfang Oktober ohne Spielpraxis zu den WM-Qualifikationsspielen gegen Vietnam und Saudi-Arabien.