Streik für das Klima lebt wieder auf
Fridays for Future gibt es seit drei Jahren. Was hat die Protestbewegung bewirkt?
WIEN. Die Schilder sind gebastelt, die Trillerpfeife liegt bereit: Am Freitag wird zum achten Mal weltweit für das Klima gestreikt. In Österreich beteiligen sich alle Landeshauptstädte bis auf Eisenstadt, weltweit sind 1160 Aktionen geplant. Der Protest wird diesmal vermutlich nicht so groß sein wie vor der Pandemie. Dennoch sollte man das Auto in der Stadt spätestens ab Freitagmittag stehen lassen.
Den Startschuss für die Fridaysfor-Future-Bewegung gab Greta Thunberg vor drei Jahren, als sich die damals 15-jährige Schülerin mit einem „Schulstreik für das Klima“Schild in Stockholm auf die Straße setzte. Ihr Protest fand Nachahmer auf der ganzen Welt und kam Ende 2018 auch in Österreich an. Die Demo kurz vor der Nationalratswahl 2019 wurde zum größten Klimaprotest, den Österreich je gesehen hat: Die Organisatoren zählten 110.000, die Polizei 70.000 Teilnehmer.
Dass es um die Bewegung zuletzt leiser wurde, liegt auch an der Pandemie. Ihren Leitsatz „Hört auf die Wissenschaft“wenden die Aktivisten nicht nur auf die Klima-, sondern auch auf die Coronakrise an und verlagerten ihren Protest in den vergangenen Monaten in die virtuelle Welt. Doch die Online-Aktionen gingen schleppend voran, die schnellen Erfolge blieben aus. „Wie alle Protestbewegungen haben wir Wind aus den Segeln verloren“, sagt Hiroyuki Shima von Fridays for Future Salzburg auf SN-Anfrage. Die „Fridays“wollen nun ihre alte Kraft zurückerlangen. Die Klimaschützer waren aber nicht untätig. Zuletzt gab es etwa in Wien zahlreiche Aktionen gegen Straßenbauprojekte: Am Donnerstag besetzten Greenpeace-Aktivisten das Rathaus. Ebenfalls diese Woche, am Montag, belagerten Aktivisten von Extinction Rebellion die SPÖ-Zentrale. Seit Ende August befindet sich in der Lobau ein Protestcamp. Mit all diesen Aktionen wollen die Aktivisten den Bau der Stadtstraße Aspern und des Lobautunnels verhindern.
Dass sich auch Fridays-for-Future-Aktivisten dem Bagger entgegenstellen, hat einige überrascht. Zwar bekennen sich die Fridays nach wie vor zur Gewaltfreiheit, gegen passiven Widerstand haben manche von ihnen aber nichts einzuwenden. Wie radikal eine Bewegung
sein muss, um politisch etwas zu bewirken, wird seit jeher kontrovers diskutiert. Fakt ist: Die Fridays schafften, was zuvor weder Wissenschaftern noch engagierten Klimapolitikern gelungen ist, nämlich die Klimakrise in der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit zu verankern. Dafür mitverantwortlich sind nicht zuletzt die Medien, die lieber über streikende Schüler berichten als über traurig dreinblickende Eisbären auf einsamen Eisschollen.
Die Fridays ebneten zudem den Weg für den Wahlerfolg der Grünen bei der EU-Wahl und der Nationalratswahl.
Die Grünen sitzen seit eineinhalb Jahren in der Regierung. Das schlägt sich realpolitisch nieder: Das ErneuerbarenAusbau-Gesetz loben selbst kritische Klimaexperten, CO2- Preise sind – und das ist eine Trendwende – heute selbst für die ÖVP kein rotes Tuch mehr.
Jetzt darf man gespannt sein, was die ökosoziale Steuerreform und das Klimaschutzgesetz bringen werden. Daran wird der Erfolg der Grünen zu bemessen sein. Die Aktivisten von Fridays for Future hoffen naturgemäß auf einen großen Wurf – falls es einer wird, haben sie ihr Scherflein dazu beigetragen.