US-Notenbank nimmt Kurs auf den Ausstieg
Noch kauft die Federal Reserve jeden Monat Wertpapiere um 120 Mrd. Dollar. Aber ab November will man drosseln, Mitte 2022 damit aufhören.
WASHINGTON, WIEN. Die US-Notenbank Federal Reserve bereitet die Märkte darauf vor, dass sie die außergewöhnlichen Maßnahmen der Geldpolitik zur Stützung der Konjunktur zurückschrauben wird. Schon bei der nächsten Sitzung Anfang November könne eine Drosselung der milliardenschweren Wertpapierkäufe beschlossen werden, sagte Fed-Chef Jerome Powell nach der Sitzung des Gouverneursrates am Mittwoch. Bis Mitte 2022 könnten die Käufe eingestellt werden.
Bis dahin hält die Federal Reserve an der extrem lockeren Geldpolitik fest. Der Leitzins bleibt in der niedrigen Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent. Auch die Wertpapierkäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar (102 Mrd. Euro) pro Monat laufen weiter. Davon entfallen 80 Mrd. Dollar auf Staatsanleihen und rund 40 Mrd. Dollar auf mit Hypotheken abgesicherte Wertpapiere.
Die Federal Reserve machte keine Angaben, wann und wie schnell sie die Wertpapierkäufe zurückfahren wird. „Wir haben noch nicht über das Tempo entschieden“, sagte Powell. In der Notenbank halte man die schrittweise Abschmelzung der Käufe für angemessen, die Mitte kommenden Jahres abgeschlossen werden könnte. Er gehe nicht davon aus, dass es eine Zinserhöhung vor dem Auslaufen der Wertpapierkäufe geben werde, sagte Powell.
Das aktuelle Zinsniveau sei gerechtfertigt, bis auf dem Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung herrsche und das Inflationsziel von rund zwei Prozent erreicht worden sei, erklärte die Fed nach einer Sitzung des zuständigen Offenmarktausschusses. Powell betonte, dass eine Drosselung der Wertpapierkäufe nicht als Countdown zu einer Zinserhöhung gesehen werden solle. Bisher zeichnete sich dieser Schritt erst 2023 ab. Jetzt stellt man sich in der Fed auf das Jahr 2022 ein. Manche Experten werten dies als Signal, dass es in der Notenbank möglicherweise die Besorgnis gibt, dass die aktuell hohen Inflationsraten doch kein nur temporäres Ereignis sind, und man die Inflationserwartungen der Investoren auf niedrigem Niveau verankern möchte. Für heuer erwarten die Ökonomen der Fed einen Preisanstieg um 4,2 Prozent, im Juni war man noch von 3,4 Prozent ausgegangen. Powell zeigte sich überzeugt, dass es ein vorübergehender Effekt sei – räumte aber zugleich ein, dass die Teuerung zunächst hoch bleiben könnte. Für 2022 rechnet die Fed nun mit 2,2 Prozent nach einer Prognose von 2,1 Prozent im Juni.
Die Fed hat auch die Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von zuletzt 7 auf immer noch hohe 5,9 Prozent gesenkt. Die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus hatte die zuletzt starke Erholung der US-Wirtschaft gebremst. Für 2022 rechnet die Fed dafür mit einem um einen halben Prozentpunkt höheren Wachstum von 3,8 Prozent als noch im Juni. Die Prognose für die Arbeitslosenquote wurde von 4,5 auf 4,8 Prozent erhöht. Zwar sei die Nachfrage nach Arbeitskräften unverändert stark, in der Reisebranche und im Gastgewerbe gebe es aber Rückschläge. Sobald die CoronaEffekte abflauen, sollte sich die Lage weiter bessern.
„Das Drosseln der Käufe ist kein Countdown zu einer Zinserhöhung.“
Jerome Powell, Fed-Präsident