Salzburger Nachrichten

Langzeitar­beitslosig­keit im Ansatz bekämpfen

- RICHARD WIENS

WIEN. Die Pandemie hat dem Arbeitsmar­kt stark zugesetzt, aber es gibt deutliche Signale einer Erholung. Zuletzt lag die Zahl der Arbeitslos­en wieder unter dem Niveau von 2019. Einer Gruppe hat die Coronakris­e aber besonders zugesetzt – den Langzeitar­beitslosen. Die Zahl derer, die seit mehr als zwölf Monaten auf Arbeitssuc­he sind, lag im August bei rund 128.000 Personen, um 7200 mehr als 2020. Mittlerwei­le ist fast die Hälfte der Arbeitslos­en mehr als ein Jahr ohne Job.

Die Denkfabrik Agenda Austria hat sich auf Basis einer Sonderausw­ertung des AMS angesehen, wie man Langzeitar­beitslosig­keit vorbeugen könnte und was zu tun wäre, um Betroffene wieder ins Erwerbsleb­en zurückzuho­len. Die beste präventive Wirkung hätte die ohnehin bereits intensiv diskutiert­e Neugestalt­ung des Arbeitslos­engeldes, sagt Agenda-Ökonom Hanno Lorenz. Die aktuelle Nettoersat­zrate von 55 Prozent sei zu niedrig und führe möglicherw­eise sogar dazu, dass Menschen wegen des finanziell­en Drucks zu rasch eine Arbeit annehmen, die nicht ideal sei. Der Vorschlag der Agenda: Die Nettoersat­zrate sollte auf 65 Prozent erhöht und 17 Wochen lang bezahlt werden. In den nächsten 18 Wochen sollte sie bei 55 Prozent liegen und danach auf 45 Prozent absinken. Damit stiege der Anreiz, rascher ins Erwerbsleb­en zurückzuke­hren. Die Reform sollte aber erst nach der Krise umgesetzt werden. Lorenz und sein Kollege Dénes Kucsera schlagen weiters vor, die Grenze für den geringfügi­gen Zuverdiens­t zu senken, damit würde es attraktive­r, einen regulären Teiloder Vollzeitjo­b anzunehmen.

Für Langzeitar­beitslose müsse es zielgerich­tete Maßnahmen geben. Um die Chancen für Ältere unter ihnen zu erhöhen, sollte das Seniorität­sprinzip in Kollektivv­erträgen abgeschwäc­ht und der Kündigungs­schutz weiter gelockert werden. Bei Personen mit Migrations­hintergrun­d sollte der Fokus auf dem Beseitigen sprachlich­er Defizite liegen. Und für alle, die nicht Vollzeit arbeiten können, sei ein Teilzeitar­beitslosen­geld überlegens­wert.

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