Taschenopern-Festival setzt Zeichen für Nachhaltigkeit
SALZBURG. „Sterben ist langweilig – todlangweilig.“Das Bonmot könnte so auch von Jedermann stammen, in diesem Fall stehen Männer im Bann der Wassernixe Undine. Die Klänge sind jedenfalls Wolfgang Mitterer zuzuschreiben. Der Tiroler, der seit 2018 die Festspielbühnenmusik für das Spiel vom Sterben des reichen Mannes verantwortet, hat eine Komposition für das Salzburger Taschenopernfestival beigesteuert.
Die elektronisch verfremdeten Klangflächen vom Band, die mit Livemusik verwoben sind, dienen Mitterers Undine-Oper. Am Pult steht Peter Rundel, ein weiterer renommierter Künstler mit Festspielbezug. 1993 dirigierte der Spezialist für Neue Musik gemeinsam mit Ingo Metzmacher den legendären „Prometeo“von Luigi Nono beim ersten „Zeitfluss“, seither leitete Peter Rundel etliche Erkundungsreisen in Klangwelten unserer Zeit.
Dass die Meisterwerke des 20. Jahrhunderts den Weg ins Zentrum der Salzburger Festspiele gefunden hätten, sei toll, bekräftigt Peter Rundel im SN-Gespräch: „Aber es stellt sich die Frage: Wo sind die Neukreationen? Und hier kommen die Taschenopern ins Spiel.“Rund 40 musikdramatische Werke erblickten seit 2005 das Licht der Welt – in Zeiten schwindender Subventionen für Musik unserer Zeit eine wichtige Initiative. „Das Besondere an den Taschenopern ist, dass eine dramaturgische Idee die Stücke miteinander verknüpft“, sagt Peter Rundel. Dennoch sei man bei jeder der vier Kompositionen „mit einer eigenen Sprache konfrontiert“.
Heuer widmen sich alle vier Taschenopern dem UndineMythos, den Thierry Bruehl in
Szene setzt. Während Wolfgang Mitterer und Iris ter Schiphorst mit Elektronik und Samples agierten, entfalte sich bei Fabio Nieders Undine-Vertonung eine poetische Märchenwelt. Zeynep Gedizlioglu wiederum habe sich – wie auch ter Schiphorst – für den Bachmann-Text entschieden, der einen Perspektivenwechsel hin zur selbstbestimmten Wassernixe darstellt. „Man sollte offene Ohren haben und wird dann auch reichlich belohnt“, schwärmt Peter Rundel über die neuen Kompositionen.
Realisiert werden die Taschenopern in der Szene Salzburg von rund 60 Beteiligten, darunter das junge Salzburger „NAMES“-Ensemble. „Es ist ein Fest der Sänger und Darsteller“, sagt Cay Bubendorfer, Produktionsleiterin und Präsidentin des Trägervereins Klang 21. Dass einige der Kurzopern den Weg nach Deutschland und Spanien gefunden haben, sei ein Beweis für die hohe Qualität der Stücke: „Die Taschenopern sollen nicht in der Schublade landen.“
Als musikalischer Leiter ist Peter Rundel nicht nur an der Auswahl der Komponisten beteiligt, er hat auch eine Dirigentenakademie ins Leben gerufen: „Unsere fünf Stipendiaten waren von Beginn an zwei Monate lang am Entstehungsprozess involviert und dirigieren auch zwei Vorstellungen.“Damit erweist sich das Taschenopern-Festival in vielerlei Hinsicht als nachhaltig.
Musiktheater:
„Wer offene Ohren hat, wird reichlich belohnt.“