Die Präsidentschaft ist weit offen
Die Salzburger Festspiele suchen bis 1. November Spitzenkandidaten.
Die Ausschreibung für die Präsidentschaft der Salzburger Festspiele ist auffallend weit und ausführlich. Waren in dem Stelleninserat für den gleichen Posten 2016 noch „langjährige Erfahrung in der umfassenden Führung eines Kulturbetriebs vergleichbarer Größe und Komplexität“sowie „ausgeprägte Erfahrungen im Sponsoring, idealerweise für eine Institution ähnlichen Charakters“, gefordert, so sind die nötigen Kompetenzen nun gelockert: Laut den an diesem Samstag publizierten Anzeigen sind nur noch „umfassende Kenntnisse des Kulturlebens, ein Grundverständnis für die künstlerische Leistung/Intendanz sowie die kaufmännischen Agenden mitzubringen“. Für Sponsoring und Mäzenatentum wird nur entsprechende „Überzeugungskraft“erwartet.
Einst wie jetzt werden die üblichen Führungskompetenzen gefordert, wie Ziel- und Teamorientierung. Neu ist in der jetzigen Ausschreibung ein ausdrücklicher Salzburg-Bezug, was allerdings in einem verschwurbelten Satz zum Ausdruck kommt: „Die Fähigkeit, sich sowohl am internationalen Parkett, als auch in der regionalen Verwurzelung der Salzburger Festspiele sicher zu bewegen, ist vorausgesetzt.“Denn wie bewegt man sich in einer „regionalen Verwurzelung“? Ähnlich bemerkenswert ist die Anforderung, „den Geist der Salzburger Festspiele nach außen und nach innen“zu repräsentieren.
Solche Stilblüten sowie die Länge des neuen Texts legen die Vermutung nahe, dass an Formulierung, Änderung und Ergänzung neben den Experten des Personalberaters Egon Zehnder auch mehrere Personen des Kuratoriums beteiligt gewesen sein dürften. Die Beschreibung von Aufgaben der Präsidentschaft ist in der neuen Ausschreibung etwa vier Mal so lang wie in jener von 2016; die Kompetenzen sind jetzt doppelt so wortreich umschrieben wie vor fünf Jahren, als angepeilt war, den Vertrag von Helga RablStadler zu verlängern.
Für die laut jetziger Ausschreibung gesuchten Kompetenzen in kunstverständigem Management samt Repräsentieren und Moderieren nach innen und außen müssten europaweit einige, wenn nicht gar viele Kandidaten zu finden sein.
Noch dazu: Das Kerngeschäft der Leitung der Salzburger Festspiele, nämlich die künstlerische Gestaltung, ist und bleibt bei Intendant Markus Hinterhäuser – zumindest bis September 2026. Und für Finanzielles und Administratives ist und bleibt Lukas Crepaz als Kaufmännischer Leiter im Direktorium; heuer im April hat das Kuratorium dessen Vertrag bis 2027 verlängert.
Während andere Kulturflaggschiffe – wie Staatsopern in Wien, Hamburg, Berlin oder München, Dreispartentheater oder Museen – mit einer ZweierGeschäftsführung auskommen, brauchen die Salzburger Festspiele auch noch Präsident oder Präsidentin, weil dies im Festspielfondsgesetz aus 1950 steht. Dieses sieht ein Direktorium aus Präsident und mindestens zwei Mitgliedern vor. Zudem hat Helga Rabl-Stadler dieses Amt 26 Jahre lang fleißig, mutig und konsequent ausgebaut und ausgefüllt. Als sie 1995 die Präsidentschaft der Salzburger Festspiele antrat, übernahm sie von Heinrich Wiesmüller nur einen Halbtagsposten; das war damals als ausreichend erachtet worden, um ab 1992 mit Intendant und Finanzchef – damals Gerard Mortier und Hans Landesmann – ein Dreier-Gremium zu bilden.
Doch Helga Rabl-Stadler hat stetig Aufgaben und Leistungen so angereichert, dass aus ihrer unermüdlichen Vollzeittätigkeit bald ein Vollzeitposten wurde. Zudem hat sie neben den aus Hamburg oder Zürich kommenden und nach Berlin oder Mailand gehenden Intendanten das gewährleistet, was in die jetzige Ausschreibung als „regionale Verwurzelung“eingegangen ist.