Frontalattacke gegen rechts: Die Ärzte bleiben sich treu
SALZBURG. Mit Quer- und Andersdenkenden reden? Verständnis gibt’s erst einmal für jeden, da sind sich Die Ärzte mit CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet einig. Das war’s dann mit den Parallelen, denn auch nach 40 Jahren hat sich die deutsche Rockband ihre Feindbilder bewahrt. „Niemand wird Nazi aus Unwissenheit“, singt Farin Urlaub: „Nazis sind Nazis, weil sie Nazis sein wollen.“
Der Song heißt „Doof bleibt doof“, stammt vom neuen Album „Dunkel“und hat das Zeug zum Nachfolger von „Schrei nach Liebe“. 1993 bündelten Farin Urlaub, Bela B. und Rodrigo Gonzalez ihre Wut auf die Neonazi-Szene der Nach-Wende-Zeit und die tödlichen Anschläge in Solingen und schufen mittels Streichquartett und Rock-Attitüde eine Anti-rechts-Hymne: „Arschloch! Arschloch! Arschloch!“
2021 werden rechte Umtriebe in Deutschland wieder ins Visier genommen, die in Coronazeiten neben Neonazis auch die – ideologisch jedoch deutlich breiter gestreuten – Querdenker umfassen. Zwischen Wildwest-Melodie und Ska-Gitarre klingt aber auch Gelassenheit durch: „Können wir mal alle chillen?“Dennoch versuchen Die Ärzte hörbar, ihre politische Haltung deutlich zu machen. Ihr kommerzieller Erfolg macht die ehemaligen Paradepunker angreifbar: Wie auch Die Toten Hosen hat es Die Ärzte aus der Gegenkultur der wilden 1980er ins Establishment verschlagen. Nach „Schrei nach Liebe“ landete das Trio aus Berlin, das Jahre zuvor noch wegen Songs wie „Geschwisterliebe“und „Claudia hat ’nen Schäferhund“auf dem Index gelandet war, massentaugliche Hits wie „Ein Schwein namens Männer“.
Inzwischen sind die Fans mit ihren Idolen gealtert: Aus Punk-Jüngern wurden Menschen mit bürgerlichen Lebensentwürfen. In Fußballarenen und Allzweckhallen huldigen sie einen Abend lang der Zeit, als etwas Rebellion noch Spaß gemacht hat. Apropos: Die geplante
Herbsttour mit Gastspielen in der Wiener Stadthalle wurde pandemiebedingt abgesagt, das für Dezember geplante Open Air in Bad Hofgastein soll am 2. April 2022 nachgeholt werden.
In den 19 Songs des Albums „Dunkel“, das seit Freitag erhältlich ist, bleiben sich Die Ärzte treu: eingängiger Gitarrenrock, der mit hippen Retro-Synthie-Patterns oder dezenten Punk-Anklängen angereichert wird, aber im Grunde als Folie für die gewohnt schwarzhumoriggesellschaftskritischen Texte dient. „Die Rapper werden böser, leider auch langweiliger“, heißt es im Song „Kerngeschäft“. Den gleichen Vorwurf könnte man auch den Ärzten machen. Doch als Konstante der deutschen Musikszene steht die Band längst über allen Dingen.
Album: