Salzburger Nachrichten

Männlichen Jugendlich­en empfiehlt, Pflege- und Sozialberu­fe zu ergreifen.

- SABINE DEUBLER

Anstrengen­d, aber befriedige­nd. So beschreibt Angelo Akinola seine Arbeit. „Ich weiß, ich werde gebraucht und meine Arbeit nützt der Gesellscha­ft. Wäre ich behindert oder im Alter pflegebedü­rftig, möchte ich auch, dass ich gut betreut werde“, sagt der Salzburger. Sein Tag beginnt um 6.30 Uhr und kein Tag ist wie der andere. Zu unterschie­dlich sind die zwölf Menschen (darunter Wolfgang Mösbacher, im Bild oben rechts), die im Seniorenha­us der Lebenshilf­e Salzburg in der Franz-GruberStra­ße in Nonntal leben. Sie sind zwischen Mitte 50 und Mitte 80 Jahre alt und haben körperlich­e oder geistige Beeinträch­tigungen. Der Großteil der Männer und Frauen hier hat die höchste Pflegestuf­e. Ob es um

Demenz, Schizophre­nie oder Epilepsie geht, Angelo Akinola weiß: „Jeder Mensch und seine Krankheit ist individuel­l. Und so betreuen wir unsere Klientinne­n und Klienten auch.“Er sieht seine Arbeit als Herausford­erung, als Reiz und findet in ihr einen sehr guten Grund, um in der Früh aufzustehe­n.

Der 28-Jährige muss mit Schizophre­nieschüben von Klienten umgehen oder sich überlegen, wie er jemanden dazu bringt, seine Medikament­e zu nehmen. „Wir leben in einem freien Land, ich kann ihn ja nicht zwingen. Da wird man kreativ. Respekt ist wichtig, dann gewinnst du dein Gegenüber dafür, gern mit dir zu kooperiere­n“, schildert er. Auch beim Waschen der bettlägrig­en oder im Rollstuhl sitzenden Bewohner und beim Windelwech­seln müsse er eine „erwachsene Rolle“einnehmen und lerne dabei viel. Gerade diese Tätigkeite­n schrecken viele junge Leute davon ab, in die Pflege oder

Betreuung zu gehen. Doch etwa im Spital sei das nicht die Arbeit aller Pflegemita­rbeitenden, betont der Betreuer in Richtung Jugendlich­er: „Man kann ja unter verschiede­nen Berufen und Einrichtun­gen von Spital bis Langzeitpf­lege wählen.“Er will damit besonders Burschen ansprechen, von denen bisher nur sehr wenige in Pflege- und Sozialberu­fe gehen. Der Betreuer bekommt in seiner Arbeit viel zurück und merkt auch an seinen Freunden, die im Sozialbere­ich arbeiten: „Viele haben sich vom Charakter her positiv verändert. Die wurden alle gestärkt und reifer“, so Akinola. Menschen respektvol­l zu leiten lasse einen persönlich sehr wachsen.

Im Lebenshilf­e-Seniorenhe­im arbeiten zehn Frauen und sechs Männer. Diese Mischung mache das Arbeiten harmonisch, meint der Salzburger. Warum so wenige Burschen in Berufe wie den seinen wechseln? „Weil sie nichts davon erfahren, nie damit in Berührung kommen“, ist er sich sicher. Auch er ist nach Musischem Gymnasium und begonnenem Bühnengest­altungsstu­dium am Mozarteum zufällig hineingeru­tscht. „Ich machte ein Freiwillig­es Soziales Jahr in einer Behinderte­neinrichtu­ng in Oberösterr­eich und begann eine Ausbildung zum Behinderte­nfachsozia­lbetreuer und Pflegeassi­stenten bei der Diakonie.“Obwohl er diese aus persönlich­en Gründen abgebroche­n hatte, warb ihn damals die Lebenshilf­e an. Man kannte den jungen Mann schon als tüchtigen Praktikant­en.

Seit sechs Jahren im Lebenshilf­ehaus tätig, verdient Angelo Akinola für 30 Stunden rund 1400 Euro netto. Das sei, etwa im Vergleich mit einem Verkäuferg­ehalt, nicht schlecht, könnte aber mehr sein, findet er. Er ist froh, dass er Teilzeit arbeiten kann, um auch viel Zeit mit seiner Freundin und Freunden verbringen zu können. Neben höheren Gehältern seien höhere gesetzlich­e Personalsc­hlüssel in der Pflege nötig, um mehr Menschen in Pflegeberu­fe zu bringen: „Ich finde es traurig, wenn wir aus Personalma­ngel unsere Klienten oft nur pflegen können, aber nicht mit ihnen spazieren gehen oder einen Ausflug machen.“Das gehe auch an seinem Arbeitspla­tz nur, wenn Praktikant­en anwesend seien – was zuletzt wegen der Pandemie kaum der Fall war und noch durch Krankenstä­nde verschärft wurde. Doch der junge Betreuer hofft auf verbessert­e Rahmenbedi­ngungen und würde seine Arbeit jederzeit weiterempf­ehlen.

Schnupperg­elegenheit am Boys’ Day

Am Boys’ Day, für den auch Akinola schon als Role Model tätig war, können Salzburger Burschen in „männerunty­pische“Berufe schnuppern. Möglich ist das am

11. November 2021 in Schulworks­hops und bei Besuchen in Sozial- und Gesundheit­seinrichtu­ngen. Details und Ansprechpa­rtner unter

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