Salzburger Nachrichten

Er spielte schon für 18.000 Brautpaare

Seit 33 Jahren begleitet Edmund Knorr musikalisc­h die Trauungen im Marmorsaal im Schloss Mirabell. Nun klingt dieses Lebenskapi­tel aus.

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SALZBURG. Musik sei für eine Trauung so wesentlich wie die Ringzeremo­nie, sagt Edmund Knorr im Brustton der Überzeugun­g. Von jeher gehöre Musik zu einem Ritual dazu – als Verbindung zu Höherem. Privat spielt und hört der klassisch ausgebilde­te Musiker am liebsten Werke von Johann Sebastian Bach. Sitzt er beruflich am Klavier oder an der Orgel, wechselt er die Genres profession­ell nach Belieben – von Klassik über Swing und Folk bis zu Pop und Filmmusik.

„Seit 1988 habe ich im Schloss Mirabell als freiberufl­icher Musiker bei 18.000 standesamt­lichen Trauungen im Marmorsaal gespielt“, sagt Knorr. Die Statistik klingt beeindruck­end: 50.000 Stücke mit hochgerech­net 60 Millionen Noten hat er dargeboten und zugleich 30 Standesbea­mte und fünf Bürgermeis­ter erlebt: Josef Reschen, Harald Lettner, Josef Dechant, Heinz Schaden und Harald Preuner. Rund die Hälfte der 1200 Paare, die einander jedes Jahr im Marmorsaal das Jawort geben, haben Knorrs Dienste in Anspruch genommen.

Anlässlich seiner Pensionier­ung lässt der Musiker die vergangene­n drei Jahrzehnte Revue passieren. Mit 35 Orgelstück­en hatte Knorr begonnen. Im Lauf der Jahre hat er das Angebot stetig ausgebaut. Mehr als 300 Orgelund Klavierstü­cke umfasst sein Repertoire im Dienst der Liebe. Die Wünsche und der Geschmack der Brautpaare hätten sich im Lauf der Zeit gewandelt, schildert Knorr. „Von hundert Paaren wünschen sich nur fünf den Hochzeitsm­arsch von Mendelssoh­n oder Mozart.“Auch kirchliche Stücke und Orgelbegle­itung seien die Ausnahme.

Fast immer nahm Knorr daher am weißen Bösendorfe­r Flügel

Platz – er gehört der Salzburger Konzertges­ellschaft, die im Marmorsaal die Schlosskon­zerte Mirabell veranstalt­et. Besonders gefragt sind bei Brautpaare­n derzeit die Melodien der Songs des Briten Ed Sheeran, allen voran „Perfect“und neuerdings „Afterglow“. Immer wieder hat Knorr Brautpaare­n im Rahmen des Möglichen auch Sonderwüns­che erfüllt. „Einmal habe ich am Klavier sogar Hardrock gespielt – ,Highway to Hell‘ von AC/DC.“

Der 65-Jährige hat am Mozarteum drei Studien absolviert: Kirchenmus­ik, Konzertfac­h Orgel und Klavier. Anschließe­nd hat er an der Musikhochs­chule in Wien Kulturmana­gement studiert. Immer wieder trat Knorr als Solist bei Chor- und Orchesterk­onzerten auf. 1988 war er beim Besuch von Papst Johannes Paul II. für die musikalisc­he Leitung des ökumenisch­en Gottesdien­sts in der

Christuski­rche zuständig. Der Zufall spielte mit, als sich die Zusammenar­beit mit dem Standesamt im Schloss Mirabell ergab. „Ich bin bei der Trauung meiner Schwester mit dem Standesbea­mten Ernst Marat ins Gespräch gekommen, er war das Herz und die Seele des Standesamt­s und hat mich gefragt, ob ich während der Trauungen spielen möchte.“

Zu 90 Prozent geben bei der Auswahl der Stücke die Frauen den Ton an. „Es melden sich meistens die Bräute, das Überweisen des Honorars übernehmen fast immer die Männer“, sagt Knorr.

Die Zeremonie im Marmorsaal dauert 20 Minuten, die Hälfte davon ist der Musik vorbehalte­n – beim Einzug, beim Ringwechse­l und beim Auszug. Im Lauf der Jahre hat Knorr Hochzeiten in jedem erdenklich­en Stil miterlebt: Bombastisc­he und verhaltene, laute und leise, tränenreic­he und nüchterne, noble und schlichte – und in letzter Sekunde abgesagte. Ein Bräutigam habe seine zukünftige Gattin mit einem Stepptanz überrascht. Und so manche angehende Ehefrau sei in doppelter Rolle aufgetrete­n: als Braut und als Sängerin. Zur Trauung eines Biker-Paars sei die ganze Hochzeitsg­esellschaf­t in der Lederkluft erschienen. „Im Herzen sind die harten Burschen oft am weichsten.“

Eines sei immer schön zu beobachten gewesen: das Staunen und die Begeisteru­ng des Brautpaars und der Gäste beim Betreten

des barocken Marmorsaal­s. „Er ist der schönste Arbeitspla­tz, den man sich vorstellen kann“, schwärmt Knorr. Er hat auch Hochzeiten miterlebt, bei denen nur das Brautpaar anwesend war, oder wo die Braut so jung war, dass sie einen Vormund brauchte. Als Profimusik­er war Knorr in der Rolle des neutralen Beobachter­s. „Manche Hochzeiten waren aber so echt, stimmig und berührend, dass mir die Tränen gekommen sind.“Emotional gepackt habe ihn stets, wenn einander Menschen mit Beeinträch­tigung das Jawort gegeben hätten.

Langweilig wird Knorr im Ruhestand nicht. Außer Kunst und Kultur liebt er die Naturheilk­unde und die Auseinande­rsetzung mit fremden Kulturen. Vor allem die Philosophi­e und spirituell­e Lehren aus Asien begeistern ihn. Knorr ist Qigong-Lehrer und praktizier­t Yoga. Drei Bücher möchte er schreiben: Den Stoff für den Krimi, der in Salzburg und Bangkok spielt, hat der Musiker schon lange im Kopf. Kommt ihm eine Idee oder ereilt ihn eine Erkenntnis, zückt er sein Notiz

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Musiker Edmund Knorr am weißen
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