Salzburger Nachrichten

Mit drei Löffeln Zucker fand Sarah ins Leben

Die sechsjähri­ge Sarah hat einen einzigarti­gen Gendefekt. Jahrelang war die Ursache der Entwicklun­gsstörung unklar. Jetzt gibt es eine wirksame Behandlung.

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Die sechsjähri­ge Sarah sitzt mit ihrer neunjährig­e Schwester Marie Kristin auf der Couch in einer Doppelhaus­hälfte in Eben und nascht Chips. Gerade gab es noch ein bisschen Streit zwischen kleiner und großer Schwester: Die Kleine eifert der Großen nach, was dieser oft etwas zu viel wird. Aber jetzt lachen sich die beiden wieder an.

Es ist noch nicht so lange her, da war es für die Familie undenkbar, dass Sarah so selbstvers­tändlich durch Haus und Garten tobt und allein isst. Bis zu ihrem dritten Geburtstag wurde Sarah mit einer Sonde ernährt, Mutter Nina Rettenegge­r musste das Mädchen fast rund um die Uhr pflegen.

Vor gut drei Jahren fand dann ein Team am Kinderspit­al der Salzburger Landesklin­iken bei Sarah eine einzigarti­ge Stoffwechs­elstörung – und eine Therapie, die den Zustand des Kindes schlagarti­g verbessert­e.

Es war für die Familie das Ende eines langen, leidvollen Wegs des Rätselrate­ns. Vor sechseinha­lb Jahren wurde Nina Rettenegge­r mit einem vermeintli­ch gesunden Kind aus dem Krankenhau­s entlassen. „Ich habe aber relativ schnell gemerkt, dass mit Sarah etwas nicht stimmt. Mütter spüren so etwas. Nur geglaubt hat mir das lange Zeit niemand.“

Bei dem Baby war so gut wie jeder Entwicklun­gsschritt verzögert: Es nahm zu wenig zu, zum Trinken an der Brust fehlte ihm die Kraft, drehen, aufsitzen, den Kopf selbst halten: Das alles blieb bei Sarah aus. Immer wieder wurde der Mutter versichert, dass sie einfach Geduld brauche und mit dem Kind alles in Ordnung sei.

Aber dem war nicht so. Nur was dem Kind fehlte, das konnte niemand sagen. Bei Sarahs erstem Geburtstag war dann auch den Ärzten klar, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Sarah wurde gründlich untersucht – ohne Ergebnis. „Man hat uns gesagt, es gibt nichts Greifbares“, sagt Nina

Rettenegge­r. Nach vier weiteren Monaten, in denen Sarah nicht zugenommen und auch sonst so gut wie keine Fortschrit­te gemacht hatte, wurde der Familie Rettenegge­r nahegelegt, Sarah von da an per Sonde zu ernähren. „Gedacht war es als Entlastung für uns alle. Aber es war für Sarah und mich eine schlimme Zeit.“

Das Kleinkind behielt die Nahrung, verabreich­t über einen Schlauch durch ein Loch direkt in den Magen, kaum bei sich. Immer wieder musste sich Sarah übergeben, teilweise sechs Mal am Tag oder öfter. Nina Rettenegge­r war fast rund um die Uhr mit der Ernährung ihres Kindes beschäftig­t, die für die Tochter viele Qualen

bedeutete. Auch für die große Schwester war die Zeit eine Belastung, weil sie ihre Mutter kaum für sich hatte. „Ich habe aber nie aufgegeben, ich wollte die Ursache für Sarahs Zustand erfahren“, sagt Nina Rettenegge­r.

Nach dem dritten Geburtstag, Sarah konnte immer noch nicht gehen und kaum sprechen, machte Nina Rettenegge­r mit der Tochter ein dreimonati­ges Sondenentw­öhnungspro­gramm

Wiener Wilhelmine­nspital.

Es sollte ein Wendepunkt für die Familie werden. Nach der erfolgreic­hen Entwöhnung bekam die Familie einen Anruf aus dem Salzburger Kinderspit­al, wo früher eine Sequenzier­ung von Sarahs Genmateria­l vorgenomme­n wurde. Ein Abgleich einer Datenbank in München hatte einen bisher einzigarti­gen Gendefekt zum

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